Bill Callahan – Resuscitate!
Resuscitate! Bill Callahan veröffentlicht (zu zwei Dritteln und chronologisch zugunsten des interessanteren Spannungsbogen neu geordnet) einen Mitschnitt seines Konzerts am 6. März 2023 in der Thalia Hall.
“Songs tend to mutate after they’ve been recorded. These songs were mutating faster than usual. Like whatever happened to Bruce Banner in the lab – I knew these songs were about to get superpowers… this change needed to be documented.” sagt Callahan und hat deswegen auf seiner YTILAER-Tour den Auftritt in Chicago mitschneiden lassen und die Aufnahmen nun als Resuscitate! zu einem zehn Songs – über knapp 80 Minuten Spielzeit – dauernden Livealbum zusammengebastelt.
Tatsächlich zeigen sich dabei Songs, die zu vom Jazz und Jam verführten Exkursionen angewachsen sind – am markantesten nachzuhören ist dieses Wesen im fast 14 minütigen Delirium Coyotes, das die (Tenor- und Alt-) Saxofonisten Dustin Laurenzi und Nick Mazzarella exzessiv entfesselt zeigt, während rund um ihn der psychedelisch-bluesige Americana scheinbar Grenzen- und zeitlos schwelgt.
Auch wenn etwa in Partition die Spannungen am Noise aufgerauht köcheln, will man sich vor der atemberaubenden Band um den meditativ fesselnden Callahan ehrsüchtiger verbeugen: Gitarrist Matt Kinsey und Ausnahmedrummer Jim White bekamen an diesen Abend Unterstützung von Pianist Nathaniel Ballinger, Sänger Pascal Kerong’A, Guembri-Mann Joshua Abrams und Lisa Alvarado an der Harmonika.
Durch das schöne Soundbild und die gefühlvoll eingefangene Stimmung vermittelt Resuscitate! einen fast trancehaften Traumzustand, geduldig und voll unterschwelliger Dynamik. Callahan und seine Musiker verlieren sich trotz der formoffenen Ansätze nicht im selbstgefälligen Mäandern, sondern forcieren in einer reizvollen Perspektive sogar eine Art transzendentes Momentum. Es scheint stets ein ebenso blindes Verständnis für die Schönheit und Ästhetik der Songs, wie eine intrinsische Reibung zwischen der Band und dem Material zu herrschen.
Weswegen Resuscitate! auch keine altersmilde Gefälligkeit aufkommen lässt, sondern ist eine erfrischende, womöglich gar essentielle Momentaufnahme in der Karriere des 58 jährigen Callahan darstellt.
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