Billy Strings – Home

von am 20. Oktober 2019 in Album, Reviews

Billy Strings – Home

Turmoil & Tinfoil war vor zwei Jahren also nur eine Aufwärmrunde für Billy Strings: Mit Home formvollendet er bis zu einem gewissen Grad seine virtuose Symbiose aus zeitlosem Country und progressivem Bluegrass.

Während die Szene sich gerne in Schwärmereien darüber verliert, zu welchen Meisterleistungen der 27 Jährige erst live wirklich fähig ist, zaubert Strings unter der Ägide von Co-Produzent Glenn Brown mit seiner Band Billy Failing (Banjo), Bassist Royal Masat und Mandolinenspieler Jarrod Walker (neben einigen fiedelnden Elementen) auch auf Platte. Denn der Mann aus Michigan mag ein mehrfach prämierter Virtuose am Griffbrett sein, doch ohne seine Qualitäten als Songwriter wäre dies wenig wert – die er auf Home mit einem schlicht umwerfenden Gespür für Melodien zur Schau stellt.
Man kann ihm dabei höchstens vorwerfen, dass sich seine Kompositionen angesichts der technischen Möglichkeiten der Musiker eher innerhalb der assimilierten Genregrenzen bewegen, anstatt diese auszudehnen.

Dabei gerät gerade das in der Mitte liegende Herzstück von Home zu einem überragenden Triumph jenseits des Tellerrandes, über zweimal jeweils knapp 8 Minuten Spielzeit marschierend: Away From the Mire ist ein monolithisches Meisterstück in Sachen hymnischer Melancholie, nostalgisch ergreifend und mit einer immanenten Größe erhebend.
Die leicht abseitige Dramatik des Titelsongs drosselt danach das Tempo noch weiter, bewegt sich vom anmutigen Nick Drake-Folk zu getragener William Elliott Whitmore-Elegie, bindet orientalische Kashmir-Streicher in die Harmonien und leitet eine atmosphärische Einkehr in den psychedelisch exzessiven Prog. Ähnlich operiert später nur noch die abwartend glimmernde Instrumental-Skizze Guitar Peace.

Drumherum wird das streunende Home viel mehr in der Spannweite aus Traditionsbewusstsein und einer latenten Sturm-und-Drang-Dynamik heimisch: Taking Water, Must Be Seven oder Long Forgotten Dream sind flott-muntere Geschwindigkeitszüge und dabei enorm eingängig, Love Like Me stellt ein sogar noch wieselflinkeres Sperrfeuer parat. Nur das subjektiv schon zu hibbelige Running nähert sich ausgetretenen Hillbilly-Tropen an. Besser geht den puristischen Weg beispielsweise Highway Hypnosis (trotz seiner irritierend durch den Studiowolf gedrehten Soundexperimente in den Wahnsinn) oder das behutsame Hollow Heart.

Noch stärker sind aber gerade stets die ruhigeren Nummern, wie das so rastlos ohne jede Hast suchende Watch It Fall, das friedvolle Love Like Me oder die nachdenklich-sehnsüchtig den Clapton-Soul suchende Lagerfeuer-Schönheit Enough to Leave, die weniger nach Hatz, als nach einer über stilistische und zeitliche Einschränkungen hinausgehende Klasse klingen.
Das sind kleine Sternstunden, die ein ohne tatsächlich Ausfall auskommendes, aber alleine vom (etwas unausgegoren die Dynamik umherreißenden) Spannungsbogen doch rund drei Songs zu lang ausgefallenes Album knapp vor dem kleinen Meilenstein (hinter dem mehrstimmigen Folk des wunderbar edel anschließenden Closers Freedom) adeln. Was Strings aus dieser fantastischen Grundlage live alles zaubern wird steht derweil freilich auf einem anderen Zettel.

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