Bryan Adams [14.12.2023: Stadthalle, Graz]
Ein gut aufgelegter Bryan Adams bespielt über zweieinhalb weitestgehend kurzweilige Stunden die beinahe ausverkaufte Grazer Stadthalle mit einem reichhaltigen Querschnitt durch seine über vierzigjährige, von vielen Hits gespickte Karriere.
Die Aussicht darauf zieht Jung und Alt an: unter den Besuchern in der keineswegs unangenehm vollgestopften Grazer Stadthalle sind einige, die den Sommer 69 noch selbst miterlebt haben dürften; mehrere, die 18 Til I Die 1996 genau zum richtigen Zeitpunkt der Adoleszenz serviert bekommen haben könnten; und dazu überraschend viele, die ein Nachrücken der Generationen in der Hörerschaft des Kanadiers demonstrieren – wie June (?), die ihren 16. Geburtstag bei der Brian Adams-Show feiert (und dafür auf der Bühne geholt ein Ständchen samt Umarmung bekommt, bevor zwei weitere Durchgänge für Jubilare im Publikum folgen).
Überhaupt gibt Adams den nahbaren Evergreen, klaut einem Zuseher sein Handy, plaudert von der Bühne herab, bemerkt mitgebrachte Schilder und oberkörperfreie Elfen. Dazu tritt er auch immer wieder einen Schritt zurück, überlässt das Rampenlicht seiner Band (und dabei vor allem Gitarren-Buddy Keith Scott), wobei sich The Dudes of Leisure mit einer spielfreudig routinierten Souveränität präsentieren, gemeinsam mit ihrem Leader authentischen Spaß an der Sache haben. Was den sympathischen, unkomplizierten und bodenständigen Eindruck unterstreicht, den Bryan Adams vermittelt.
Dass der 64 jährige die Setlist mit über 30 Songs ein wenig zu ausführlich anlegt – weil etwa ein Go Down Rockin‘ (das bis zu seiner final stampfenden Animation-Abfahrt als Füller eher verhalten ankommt), I’ve Been Looking for You nicht über den mediokreren Standard hinauskommt, die aktuelle Single What If There Were No Sides At All trotz moralischem Gewicht musikalisch belanglos bleibt, und bei aller Liebe sowieso alle (Titel)Nummern der Bryan Adams-Alben seit gut 20 Jahren (wie Room Service, Shine a Light oder So Happy it Hurts) ziemlich simplel gestrickte Banalitäten mit Instant-Ohrwurm-Charakter auf Kinderlied-Niveau sind – ja, diese ein paar Längen in den Abend bringende Ausführlichkeit gesteht man dem Musiker gerne zu.
Das um 20.00 Uhr durch ein (zumindest kurzfristig für Begeisterung sorgendes,) auf vier Dronen durch die Halle fliegendes Luftkissen-Auto (anstelle eines wirklich nicht abgehenden Support Acts) eingeleitete Set bekommt mit Kick Ass, dem gekürzten Doppel aus Can’t Stop This Thing We Started und Someday sowie 18 Til I Die schließlich einen starken Beginn, bevor Please Forgive Me erstmals wirklich die Textsicherheit des Publikums als tausendstimmigen Chor zeigt: die gute Stimmung herrscht auf und vor der Bühne.
Adams stellt sich teilweise auf Deutsch vor, für den „Dad Song“ You Belong to Me ruft er einen Dance-Contest aus, den Kameramann auf die Bühne und das Publikum sieht sich gerne auf der Videowall. It’s only Love wird Tina Tuener gewidmet und bekommt neben einer What’s Love Got To Do With It-Referenz sogar ein elaboriertes Gitarrensolo, während die Spirit-Songs Always Return und Here I Am auf Piano und Acoustic Gitarre beschränkt dargeboten werden – bei When You‘re Gone und dem grandiosen Finale aus Straight From the Heart, All for Love sowie Christmas Time (hinter einer bewegenden Ansprache zum Stand der Dinge in dieser Welt) bleibt Adams sogar ganz alleine auf der Bühne zurück.
Die Mehr-Oder-Minder-Request-Passage der Setlist wird mit Open Road (den sich Bryan quasi selbst für die hinterbliebene Gattin ihres Truck-Fahrers Fred wünscht – und dann etwas überhastet zumindest die erste Strophe samt Refrain der Nummer bringt), dem wirklich feinen Always Have, Always Will und der Andeutung des vorprogrammieren Let’s Make a Night to Remember gefüllt – das ebenfalls als Fan-Wunsch deklarierte Cuts Like a Knife gehört tatsächlich bereits wieder zum regulären Part des Abends. Passt alles!
Während es über die Organisation, den Sound und die Lichtshow zudem nichts negatives zu berichten gibt, es auch zu begrüßen ist, dass Adams auf den Unsinn namens Zugabe verzichtet, und zwischen all diesen Szenen vor allem Summer of ’69 erwartungsgemäß zum gefeierten Über-Triumphzug gerät, will ausgerechnet die an sich sichere Bank Heaven in einer unvorteilhaft beschwingten neuen Uptempo-Version nicht funktionieren und hinterlässt einen etwas frustrierenden Beigeschmack in einem ansonsten absolut solide befriedigenden Konzerterlebnis ohne Ablaufdatum oder Altersbeschränkung.
Setlist:
Kick Ass
Can’t Stop This Thing We Started
Somebody
18 til I Die
Please Forgive Me
Shine a Light
Room Service
Heaven
Go Down Rockin‘
It’s Only Love
Play Video
3 x Happy Birthday to You
You Belong to Me
I’ve Been Looking for You
The Only Thing That Looks Good on Me Is You
When You Love Someone
I Will Always Return
Here I Am
When You’re Gone
Thought I’d Died and Gone to Heaven
(Everything I Do) I Do It for You
Back to You
So Happy It Hurts
Run to You
Summer of ’69
What If There Were No Sides At All
Open Road
Have You Ever Really Loved a Woman?
Always Have, Always Will
Let’s Make a Night to Remember
Cuts Like a Knife
Straight From the Heart
All for Love
Christmas Time
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