††† – Goodnight, God Bless, I Love U, Delete.
Synth-Elektropop mit mal mehr, mal weniger deutlichen Darkwave-, Industrial-, Goth- und Hip-Hop-Schraffuren: ††† (Crosses) gehen für ihr Comeback Goodnight, God Bless, I Love U, Delete. (leider zu ausführlich) in die Vollen.
Satte neun Jahre hinter ihrem Debütalbum, aber im Fahrtwind von Permanent. Radiant sowie einigen Cover-Singles, hätten Chino Moreno und Far-Gitarrist Shaun Lopez nach einer gefühlt langen Zeit der Inaktivität mehr als genug Songs für ihr gemeinsames Projekt ††† zusammengetragen gehabt, wie der Deftones-Frontmann erzählt: „We had so much material, but we didn’t wanna make a double-album out of it. I mean, 15 songs is a lot, you know? I’ve heard a couple people say, ‘Man, that’s a lot of songs.’ Generally, I like to have 12 songs on a record – less is always more in my opinion – but 15 just felt perfect. From where the album starts to where it ends, and I know this sounds cliché, it feels like a journey lyrically, musically… everything.“
Womit sich Chino leider irrt: Goodnight, God Bless, I Love U, Delete. krankt über 50 Minuten Spielzeit eher an seiner Ausführlichkeit, an einigen leeren, redundanten Metern und auch einer gleichförmigen Erschöpfung nebst der Tiefenwirkung. Vor allem Pulseplagg, das ätherische Runner, Ghost Ride oder Grace sind ästhetisch schlüssig, im Kontext auch nicht unangenehm zu hören, plätschern aber tatsächlich auch relativ eindrucklos nebenbei durch, ohne wirklich prägnante Szenen zu bieten.
Es entwickelt sich nur wenig Reibung. Goodnight, God Bless, I Love U, Delete. deswegen automatisch vorzuwerfen „style over substance“ zu praktizieren, wäre zwar falsch, doch taucht man über weite Strecken eher erfüllend in das Sounddesign der Platte ein, als dass das (oft dem selben MO folgende) Songwriting eine wirklich aufwühlende emotionale Katharsis entfesseln würde.
Im Umkehrschluss gelingen im Gefüge wiederum auch zu wenige aus der Masse herausragende Highlights wie das starke Trio aus Light as a Feather, dem stoisch groovenden Natural Selection und dem epischen Last Rights, mag neben einer guten Albumklammer auch der Mittelteil von Goodnight, God Bless, I Love U, Delete. überzeugen.
Im tollen Opener Pleasure wummern die klackernden Beats, die sinistre Stimmung schimmert düster über der catchy Melodie in tiefer Verehrung für Depeche Mode, eine verführerische Sehnsucht baut melancholisch entlang der modernen, klaren Produktion Spannungen auf, Found ist auf den Spuren von Thom Yorke ähnlich verspult-eingängig programmiert.
Das fabelhafte Invisible Hand wummert dagegen wie aus den Fugen geratener Hip Hop, zerfahren fügt sich das Schweben aber aus der Destruktivität in optimistische Formen. Big Youth pulsiert später rollend noch dezitierter in diese Richtung und holt für die toll passenden Kontrast auch noch El-P an Bord. The Cure-Boss Robert Smith ist als zweiter Gast auf Goodnight, God Bless, I Love U, Delete. in Girls Float † Boys Cry streng genommen nur stichwortgebender Statist, besorgt aber die zündende Hook im komprimierten Drama.
Davor gibt sich (das genau genommen in der Leere verlaufende) Eraser besonders kontemplativen, erwacht dann jedoch ausnahmsweise sogar mit schweren Gitarren, bevor der Titelsong als versöhnlicher Abspann insofern exemplarisch ist, weil (den so kompetent bastelnden, alleine mit Chinos Stimme ansatzlos abholenden) ††† gemessen an ihrem bisherigen Output und den dabei entstandenen Ansprüchen nur ein (sehr) gutes, wiewohl unterwältigendes (weil seine zweifellos vorhandenen Stärken nicht auf den Punkt bringendes) Zweitwerk gelungen ist.
Kommentieren