Eels – Earth to Dora

von am 16. November 2020 in Album

Eels – Earth to Dora

Zwei Jahre nach der nicht wirklich schlechten, aber dann eben doch deutlich schwächsten Eels-Platte, zeigt E mit einer versierten Routiniearbeit, dass er die konstante Qualität der 10er-Dekade nicht nur in das neue Jahrzehnt konservieren konnte.

Nach einem diesmal doch latent vorgenommenen Anstieg der Formkurve (gut möglich, dass von diesen 43 Minuten hier mittelfristig mehr hängen bleiben wird, als von jeder anderen Platte des Anerikaners aus der letzten Dekade) und fünfzehn Jahre nach dem nichtsdestotrotz weiterhin letzten Meisterstück der Eels, ist Studioalbum Nummer 13 sowohl eine kleine Liebeserklärung an die Namenspatronin des Werks, Lightning Director Dora, als eigentlich auch an die Manierismus und Standards von Mark Oliver Everetts Bandprojekt selbst geworden – obwohl immer wieder auswärtige Referenzen in den Assoziationen auftauchen: Are We Alright Againorientiert sich (zudem mit Video-Plagiatsforwürfen ausgestattet) zurückgelehnt und gelöst, eingängig Beat-aufmunternder und ein bisschen zu egal bei den Beatles und den Beach Boys; das gemütlich nach vorne trottende The Gentle Souls mit seinen sachten Bläser geleitet zu Elvis Costello; Of Unsent Letters erinnert an I am Kloot, wenn sich E mit einer aus der Zeitkapsel geholten Gitarre und schüchternen Streichern samt geschlossenen Augen im Kreis drehend sentimental in der Trauer resignierend suhlt, obgleich OK dieses Wundenlecken gleich darauf mit abgeklärtem Sprechergesang und def fast klerikalen Ruhe eines Leonard Cohen relativiert, bevor Baby Let’s Make It Real beinahe als rau-geschmeidige Oasis-Nummer ohne Proll-Faktor durchginge.

Trotz dieser Nuancen ist Earth to Dora mehr als alles andere aber eben ein durch und durch typisches Eels-Album geworden, simpler gestrickt und ungeachtet der oft orchestralen Arrangements (die aber allesamt sehr subtil in den Kontext eingewoben wurden) genügsam, wertkonservativ und zuverlässig.
Who You Say You Are ist dem Charakter des Ganzen repräsentativ entsprechend ruhig, intim, minimalistisch und auch unspektakulär. Eigentlich allesamt im besten Sinne – bis dann eben auch wirklich nichts relevantes passiert. Das Titelstück gibt sich dagegen ein bisschen poppiger, mit sanfter orchestraler Begleitung durch und durch nett. In Dark and Dramatic blickt E traurig aus dem Fenster in die Ferne, irgendwann kommt ein breitgefächertes Instrumentarium dazu, doch schafft der Eels-Boss es stets zu trösten, statt kitschig zu lamentieren. I Got Hurt könnte eine überschwängliche Hymne sein, entscheidet sich aber für die die apathische Bescheidenheit und wärmender Intimität, womit alles richtig gemacht wird – wie auch im optimistisch und versöhnlich aus der Einkehr wachsenden Waking Up, obgleich hier eher die Atmosphäre hängen bleibt, keine Prägnanz im Songwriting.

Das vielleicht größte Manko einer überschaubar ergreifenden, ästhetisch zwar die richtigen Hebel setzenden, aber emotional auch oft nur gefällig in der eigenen Komfortzone verwöhnenden Platte ist also weniger, dass der schwächste Song den Reigen eröffnet (Anything for Boo bimmelt wie eine klassische Nostalgie, auch Richtung Bedroom Walls, etabliert unaufgeregte die weiche Eleganz der Platte, macht es sich mit seinem simplen Schüttelreim im Refrain – „Gal singing „Baby, baby, baby, I love you“/ Anything for boo, oh boo, I do/ I do, I do, I do, I do/ Anything for boo, my love is true/ It’s true, it’s true, it’s true, it’s true“ – trotz nonchalantem Vortrag auch penetrant einfach, zumal das Fade-Out den Opener zu separiert vorgeschoben wirken lässt) sowie manche Kleinigkeiten ohne gravierenden Ärger doch latent stören können (Are You Fucking Your Ex unterspült den leider etwas zu plakativen Text seines Refrains doch noch gelungen mit besonders gefühlvoll und geschmeidig schmusendem Rock samt kantigen Bass), als vielmehr die Tatsache, dass die Magie und das Genie der Heydays mittlerweile einfach fehlen. Was sich bei einer solch grundlegenden Klasse freilich wieder verschmerzen lässt – eben auch deutlich ansatzloser, als das in jüngster Vergangenheit meistens der Fall war. Earth to Dora ist eine zuverlässige Angelegenheit.

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