El Vy – Return to the Moon

von am 29. Oktober 2015 in Album

El Vy – Return to the Moon

Die Bandachse zwischen den zwei Indie-Mächten festigt mit veränderten Grundpfeilern ihre Basis: Nach dem jüngst getätigten Pfarmers Einstand ‚Gunnera‚ von Bryan Devendorf und Dave Seim lässt nun Ex-Menomena-Vorstand und Ramona Falls-Kopf Brent Knopf das The National-Ausnahmebariton Matt Berninger durch ein sympathisch umhertollendes Stück an liebenswert-leichtgängigen Ohrwürmern schweben.

Dass ‚Return to the Moon‚ primär eine Möglichkeit für seine beiden prominenten Urheber sein würde, um sich hemmungslos auszutoben und ohne große Gesten schlichtweg Spaß an der gemeinsamen Zusammenarbeit zu haben, das war eigentlich von den ersten Aufnahmen aus dem Studio anhand des vorweggeschickten Quasi-Titelsongs ‚Return to the Moon (Political Song for Didi Bloome to Sing, with Crescendo)‘ klar: mit dem Schalk im Nacken und breiten Grinsen auf den Lippen schwangen Berninger und Knopf ausgelassen das Tanzbein zu einem supercatchy auf den Funk der 80er schielendes Vorboten, der sich ohne allzu melancholische Altlasten schnurstracks in die Gehörgänge und Umlaufbahn der eigentlichen Stammbands katapultierte.

Wer dem nunmehrigen Opener dabei bereits vorwerfen wollte, dass sich El Vy der Eingängigkeit ihres ungemein zwingenden Songwritings absolut bewusst sind, sich deswegen gar zu ergiebig an dem infektiösen Refrain laben und sich notfalls (ohne sich deswegen gleich die notwendige Tiefe abzugraben) stets für einen unbeschwerten Zugang zur immanenten Schmissigkeit entscheiden – der wird diese Kritikpunkte nun auch über weite Strecken anstandslos auf ‚Return to the Moon‚ im Gesamten wiederfinden. Bestens nachzuhören etwa anhand von ‚Paul is Alive‚, das erst praktisch alles destilliert, was an den stillen, nachdenklichen Momenten von Menomena und The National grandios ist, dann aber doch nach und nach eine unbekümmerte Liebe zu übermütigen Soundeinfällen und popkulturellen Überschlägen addiert und mit den omnipräsententen weiblichen Backingstimmen die trödelnde Lässigkeit von The Coral adaptiert, um an der Oberfläche zu bezaubern. Denn genau dort setzt das Debütalbum von El Vy den angekündigten Weg nun nahezu anstandslos fort.

Ein bisschen ist ‚Return to the Moon‚ nun so, als würden kleine Kinder mit leuchtenden Augen über den Rummelplatz tigern und machen, was das juvenile Herz begehrt, ohne sich am Riemen reißen zu müssen. Der allgemeinen Stimmung liegt so eine anachronistische, enorm verspielte und herrlich unangestrengte Nebensächlichkeit zu Grunde, die Berninger im The National-Kontext derart nie erreichen könnte. Mag seine unverwechselbare Stimme auch für die schwerwiegendsten Assoziationen sorgen, wie er da textlich bisweilen geradezu absurd von Paul McCartney über die obligatorischen Platzhalternamen [hier: Didi Bloome – eine Verneigung vor D. Boon] zu Erin Brockovich wechselt und in ‚It’s a Game‚ gesteht „I’d never been so alone/Til I read that the Minutemen were dead“ (spätestens hier merkt man übrigens: ‚Return to the Moon‚ ist bis ins Mark eine Platte der Musik wegen, nicht nur der eigenen!) oder für ‚Need a Friend‚ Rockstargesten mit verschmitzter Geste zelebriert („You were supposed to be here before the last song/ You were supposed to bring me your brother’s weed„) – im Grunde gibt doch der kongeniale Brent Knopf die Gangart des Songwritings vor. Indem er Berningers Bariton durch einen vor schmerzlosen Finten und sympathischen Ideen nur so überquellenden Indierock-Zirkus dirigiert, stilistisch klar von seinem Händchen für substanzielle, aber flüchtig-hartnäckig bleibender Melodien und Hooks geprägt, die Menomena derart mühelos aus der Hüfte geschüttelt auf ‚Moms‚ nicht mehr gelingen wollten. Letztendlich ist ‚Return to the Moon‚ also immer ein bisschen ein schelmisch-direkter Lausbubenstreich, der sich praktisch von unbedingtem Singlekandidaten zu unbarmherzigem Ohrwurmknecht hangelt und das Stimmungsspektrum in den klar abgesteckten Grenzen angenehm weitläufig hält.

Nicht nur wegen der nachtsichtigen Halloween-Artwork-Optik darf man sich in ‚Silent Ivy Hotel‚ an die kurzweilige Atmosphäre von Trick ‚r Treat erinnert fühlen, wie Berninger und Knopf da zum Soul-Shuffle mit Lux Interior und Addams Family ins Geisterhaus einladen. Der Bass in ‚I’m the Man to Be‚ grummelt tief, der Rhythmus groovt sexy, die Gitarre grätscht, die Synthies funkeln wie aus alten Gameboys gepresst, während man sich dazu hakelige Hüft-Tänze in Zeitlupe verdammt gut vorstellen kann. Die Backingvocals schreien mit kindlicher Euphorie, als gelte es ein Update zu Ryan Gosling’s brillantem ‚[amazon_link id=“B002NFEDNU“ target=“_blank“ ]Dead Man’s Bones[/amazon_link]‘ zu zelebrieren.
No Time To Crank The Sun‚ beginnt als gospelschwangere Klavierballade, flirtet dann aber wie jeder Song hier ganz ungeniert mit Keyboard-Fratzen, die über dem an sich recht spartanischen Grundgerüst vom Friedhofstango über frivole Orgelklänge bis zum retrofuturistischen Neonszenario reichen. ‚Sleepin‘ Light‚ baut dagegen so lange versponnen neben der Spur Spannungen auf, bis man zur Auflösung bereits schon plötzlich mitten drinnen im nächsten Song ‚Sad Case‚ ist: der Druck auf die Rockgitarre, er steht dem Duo jedenfalls exzellent, vielleicht sogar besser als die an sich so betörend beginnenden Momente der Einkehr. Denn gerade hier zeigt sich, dass die emotionalen Tiefen der beiden populären (ehemaligen) Stammbands selbst wie im unkonkret plätschernden Seelenstreichler ‚Careless‚ nicht erreicht werden wollen. Muss ‚Return to the Moon‘ aber eben auch gar nicht, diese Symbiose ist auch so schlüssig. Aber vor allem: Enorm unterhaltsam. Und um dorthin zu gehen, wo es nicht nur kurzweiligen Spaß macht, haben Berninger und Knopf ja eben ganz anders kalibrierte Spielwiesen.

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1 Trackback

  • LNZNDRF - LNZNDRF - HeavyPop.at - […] (zumindest phasenweise) aber ähnlich wenig abgeneigt wie das El Vy-Ohrwurmfließband ‚Return to the Moon‚: Scott und Bryan Devendorf schließen…

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