Franz Ferdinand – The Human Fear

Sieben Jahre nach Always Ascending machen die mittlerweile zum Quintett angewachsenen, personell abermals neu besetzten Franz Ferdinand mit The Human Fear weiter – ohne die Best of-Compilation Hits to the Head als Zäsur zu verstehen.
Weder, dass das sechste Studioalbum der Schotten das erste mit Gitarrist Dino Bardot (der der Band ja erst nach den Aufnahmen des 2018er-Vorgängers beigetreten war) sowie Schlagzeugerin Audrey Tait (die Gründungsmitglied Paul Thomson 2021 ersetzte) darstellt, läutet einen spürbaren Paradigmenwechsel im relativ unverkennbaren Indierock von Franz Ferdinand ein, noch holt der Umstand, dass sich Alex Kapranos diesmal mit einem ungemütlichen Konzept („searching for the thrill of being human via fears – fear of social isolation, fear of leaving an institution, fear of leaving or staying in a relationship“) beschäftigt, den patentierten Sound der Gruppe mit wirklichen Mut zum verändernden Risiko aus der Komfortzone.
The Human Fear ist im wohlwollenden Sinne ein das Fanherz ohne Herausforderungen, aber durchaus vorsichtigen frischen Impulsen bedienendes Standardwerk, angenehm frisch und unaufgeregt auf die Brechstange verzichtend, bei dem nur Hooked (als seltsam reivoll-katastrophaler Quasi-Titelsong, dessen bemüht stampfende Club-Attitüde Timbaland wohl schon vor einem Jahrzehnt zu altbacken gewesen wäre) sowie Bar Lonely (das lange Zeit wie ein ambienter Soundtrack die Strukturen öffnet und dann zwischen kammermusikalischem Experiment und ausgelassener Attitüde pendelt) den Rahmen merklich ein wenig öffnen.
So entsteht ein Album, das ebenso schmissig und eingängig, wie auf einer willkommenen 08/15-Schiene eingespielt agiert – immer solide, nie begeisternd. Zwar stellt es dabei ein Problem dar, dass man im Verlauf der (vor allem eingangs schön pointiert auf den Punkt findenden) Platte das aktive Interesse am keinesweg uninspirierten, sondern merklich befreit und motiviert eingefangenen Reigen verliert, obwohl The Human Fear mit nur 35 Minuten Spielzeit ohnedies betont kompakt gehalten ist. Allerdings geht dem Werk genau genommen dennoch nur hinten raus, mit der lockeren Routine Bar Lonely sowie dem gackernden Mäandern The Birds, die Luft auffallend aus.
Doch dies wiegt gar nicht so schwer. Immerhin tut die Band davor ja viel, um die Spannung und Kurzweiligkeit aufrecht zu halten.
Audacious joggt als wahrlich toller Einstieg in der Strophe und nimmt das Tempo für den harmonisch schunkelnden, sich beatlesk drehenden Refrain heraus, derweil Everyday Dreamer mehr Interesse an einer 00er-Version der 80er-Disco zeigt und die Synth-Eile von The Doctor seine Penetranz wohldosiert hinaufschraubt. Cats würzt seinen Baukasten mit einer Art Western/Wikinger-Flair und Black Eyelashes liebäugelt mit dem Gypsy-Lagerfeuer.
Build It Up setzt dagegen auf entspannte Handclaps und motiviertes Stampfen, vermengt also typische, zackige Zutaten zu einem formelhaften Malen-Nach-Zahlen-Schaulaufen, das jedoch leider über Gebühr ausgereizt wird, bevor in Night Or Day dieselbe Rhythmik in Feierlaune klimpernd das selbe Problem besser umgeht. Man kennt den Modus Operandi der Band einfach längst, weiß, wie sie tanzen will und welche Hebel dafür wie bewegt werden. Überraschende Tricks müssen bei dieser Kernkompetenz zwar nicht zwingend am am Programm stehen, weil das Stammklientel auch so zufrieden sein wird. Ein paar richtige Smash-Hits, wirklich starke Melodien oder Killer-Hooks wären beim Start in das Leben nach dem ersten Best-of aber schon nötig gewesen sein, um nicht dem Großteil der Szene egal zu sein.
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