Greyhaven – This Bright and Beautiful World

von am 7. Mai 2022 in Album

Greyhaven – This Bright and Beautiful World

Greyhaven gefallen sich immer noch am besten als Every Time I Die-Klon mit den nötigen Auftrittsfläche für das Dillinger Escape Plan-Klientel. Dabei zeigt This Bright and Beautiful World doch, dass die Band aus Louisville mehr als das sein könnte.

Seit dem Zweitwerk Empty Black vor vier Jahren hat das Quartett merklich versucht eine eigene, charakteristische Identität in ihren absolut eklektischen Epigonensound zu integrieren, was zu einigen Modifikationen im Spektrum geführt hat. Am deutlichsten wird dies in All Candy, das als rauchiger Alternative Metal der 90er deplatziert aus dem Rahmen fällt und zwar zeigt, wo Greyhaven die Schrauben nachgedreht haben – nun ist da ein markantes Mehr an zugänglichen Melodien, catchy Hooks und Riff orientierten Refrains. Meistens gelingen diese Modifikationen allerdings ohne ein ähnliches Übergewicht wie in All Candy zu erzeugen besser ausbalanciert und homogener eingeflochten. Fed to the Lights könnte etwa knackig aufgehend (interpolarisiert insgeheim gar How the Leopard Got it’s Spots) als Mainstream-Stadionrock durchgehen, wie Greg Puciato ihn mit der Konkursmasse von Every Time I Die praktizieren könnte.

Überhaupt besticht gerade die tolle zweite Hälfte der Platte – mit ihrem fabelhaften Sequencing, aber auch der sich hier generell auftuenden Bandbreite. The Quiet Shakes hält aus dem Metalcore kommend die Waage aus melancholischem Pathos, einer Einkehr und explodierenden Attacken, bevor And It’s Still Too Loud noch schwelgender Auftritt und der wirklich wunderbare Schlusspunkt Ornaments From the Well ohnedies über allem steht: Das fließende, sich natürlich entwickelnde Songwriting bekommt mehr (atmosphärisches, getragenes, ja auch weich-balladeskes) Gewicht als ästhetische Entscheidungen, und Greyhaven klingen nicht mehr wie ein Imitat ihrer Einflüsse, sondern authentisch – und groß.
So bestechend das auch ist, entlässt dieser Abgang jedoch vor allem ein bisschen frustrierend aus This Bright and Beautiful World. Denn was diese Band eigentlich kann, wird erst hier, auf den letzten Metern, klar. Was Greyhaven jedoch über weite Strecken ihres Drittwerks tun, ist etwas anderes.

Gleich In a Room Where Everything Dies ballert zu einem Emo-Post Hardcore-Refrain und gniedelt im Math, fühlt sich jedoch wie eine Sammlung aus Versatzstücken an, die man auf insgesamt neun Alben der ehemaligen Gang aus Buffalo bereits gehört haben zu scheint – wenn A Painful and Necessary Action zu gleichen Teilen brüllt und harmonisch streichelt, dann ist da sogar der Southern Rock-Anstrich, den die nunmehr zerstrittenen Buckley-Brüder patentiert hatten. More and More Hands gniedelt dagegen wie Glassjaw (wo sich eigentlich ja eher der Methadonvergleich mit letlive. anbieten würde) und lehnt sich dann Richtung Brand New zurück, bevor alles grell flimmert wie bei The Locust meets And So I Watch You From Afar.
Und sicher ist es einerseits smart, dass Greyhaven sich primär beim assoziativen Sound von Bands bedienen, die nicht mehr aktiv sind – dass der Griff zu deren Vermächtnis allerdings verlockender als der Konsum weiter Teile von This Bright and Beautiful World ist, kann dann andererseits nichts gutes bedeuten. Klar, die progressiven Strukturen lassen Ohrwurm-Passagen aller Härte-Gangarten an jeder Ecke wie Pilze nach dem Regen sprießen, doch ist das Ergebnis dennoch Musik, die nur in der Theoretie Katharsis bedeutet, in der Praxis aber einfach keine Begeisterung auslösen will – mit Ausnahme des Finalea. Ohne per se konstruiert zu sein, verheben sich Greyhaven nämlich erst einfach an den Perspektiven dieses Feuerwerks im Schatten ikonischer Vorbilder, bevor sie in Aussicht stellen, dass Album Nummer vier endlich in einer eigenen Liga spielen könnte.

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