Inter Arma – Sulphur English

von am 13. Mai 2019 in Album

Inter Arma – Sulphur English

Zu Beginn und und am Ende von Sulphur English geben sich Inter Arma vor allem hemmungslos ihrem doomigen Patent am Death Metal hin. Interessanter ist aber im Grunde, was auf ihrem vierten Studioalbum dazwischen so alles passiert.

Nach dem schon die furios ausufernden Paradise Gallows werden die Grenzen der zu vereinbarenden Wandelbarkeit auf Sulphur English jedenfalls noch weiter ausgedehnt, lassen das monolithische Wesen der Band aus Richmond über eine transzendentale Heavyness mit maximaler Vielseitigkeit wachsen: Die neun Songs dehnen ihre unterschiedlichen Facetten unter einer inhomogenen Kohärenz aus einem natürlich wachsenden Guss vereint zu einem stilistischen Amalgam mit enormer Spannweite, das sich als scheinbar natürlichste Sache der Welt von den Einflussbereichen Morbid Angels bis Neurosis dehnt.
Sulphur English ist eine Platte, die gleichzeitig irrsinnig viel Raum durch ihre ungebunden in die Tiefe strebende Atmosphäre schafft, dabei aber trotz aller Freiheiten gleichzeitig auch eine geradezu tektonische Schwere und bedingungslose Dichte erzeugt, ebenso massiv wie atmend ist, stets organisch agiert und nichts erzwingt.

Vielleicht ringt sich das Quartett gerade wegen dieser verinnerlicht-ganzheitlichen Natürlichkeit auch einige der besten Szenen ihrer Karriere ab, nachdem der Beginn der Platte den Status Quo festlegt.
Im Intro Bumgardner wird tonnenschwer schiebender Doom erst wird von Godflesh-artigem Industrial-Bollern untergraben, nur um in A Waken Sea die Symbiose des Sludge und Death zu zementieren. Die Riffs treiben unbeirrbar, wie ein bösartiges Geschwür, die Drums rasen, der Gesang röchelt finster. Zur Mitte hin bremst sich die Nummer nur aus, um das Spiel aus Stakkato-Gitarren und Blast-Schlagzeug neu zu kallibrieren. In Citadel darf der Metal mit epischen Gitarrensolo dann sogar die bis in den gniedelnden Thrash heulen und eine schwerfälliger Dynamik aus der puren Erdrückung in den hirnwütig nach vorne strebenden Rausch führen.
Eine Gangart, zu der der abschließende Titelsong letztendlich die Klammer mit eleganter Brachialität spannen wird, wenn Inter Arma ohne Eile knüppeln, kreisen und hämmern. Es ist auch eine Kunst, die dabei freigelegte Härte und Wut niemals stumpf klingen zu lassen – die viel größere aber ist eben die Trittsicherheit, mit der Sulphur English (das Album) auch außerhalb dieser relativen Hohheitszone agiert, ohne Komfortbereich im puren Eklektizismus assimiliert, dabei jedoch einen durchaus originären, vielleicht sogar dem Metal an sich einen expandierenden Soundkosmos vermisst.

Das martialisch lauernd Howling Lands adaptiert sein Aura aus dem Black Metal, behände mischt Mike Paparo seine beschwörenden Vocals jedoch ab hier mit verrauschtem Klagegesang zu den greinend speienden, lässt die Melodie blühen. Irgendwo strahlen die Arrangements ätherisch, der Song bekommt ein erhebendes Ambiente aus dem Sludge heraus, während hinten ein perkussives, rituell-archaisches Zeitlupen-Höllenfeuer wartet – U.S. Christmas werden während ihrer Abwesenheit triumphal vertreten.
Stillness beginnt dagegen am akustischen Lagerfeuer mit versöhnlich in die Nacht schwelgenden Gesängen. Immer mehr entwickelt sich das zu einer Endzeitballade, die auch Justin Greaves für Crippled Black Phoenix aus der sehnsüchtigen Essenz von David Gilmore und Pink Floyd ziehen hätte können: Wie ein epischer Western zwischen Southern Rock und Prog ist da ein Ruhepol, der sich langsam aufbäumt, wuchtig und tektonisch malmend detoniert.
Das Interlude Observances of the Path mit seinen molligen Klavier bereitet dann zwar ein gewisses Goth-Flair vor. Doch bevor dieses über Blood on the Lupiness (eine vollkommen entschleunigte Verneigung vor Chelsea Wolfe, King Dude oder Type 0 Negative, in der sinister glimmernde Synthies und verhaltene Gitarrenmelancholie getragenen Metal aus dem Hall heraus mit finster schillernder Tragweite artikulieren, das Solo wie Mark Knopfler ins hoffnungslos auslegen) artikuliert wird, darf T.J. Childers noch zeigen, weswegen sein Schlagzeugspiel eines der heimlichen Highlights der Platte darstellt.
The Atavist’s Meridian frickelt zuckend über dem mahlenden Morast, der Gift aus einem dampfig-rührenden Nebel kotzt. Das funktioniert fast schon als Ambient-Shoegaze-Mahlstrom, wenn die nach und nach zum Hardcore rollenden Drums nicht wären, oder die schamanenhaft sinnierende Psychedelik-Halluzination, der auch besagt, dass der Weg das Ziel für Inter Arma bleibt. Sulphur English fühlt sich deswegen auch nie nach Ankommen an, nimmt es als Album-Album auch durchaus in Kauf, über 67 Minuten ein wenig zu auslaugend angelegt zu sein. Was aber schon so passt: Diese massige Substanz und kreative Gewicht will eben auch auf die Gefahr einiger weniger leerer Meter das nötige Volumen bekommen, um seinen Schmelztiegel zu entfalten. Zurück bleibt hiernach schließlich ausnahmslos verbrannte Erde.

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