J.J. Cale – Stay Around

Keine Selbstverständlichkeit: Das auf Stay Around zusammengetragene Archivmaterial erweitert das Werk von J.J. Cale sechs Jahre nach dessen Tod nicht nur authentisch, sondern auch ein kleines bisschen essentiell.
10 Jahre nach dem letzten Studioalbum Roll On haben Cales Freund und Manager Mike Kappus sowie Christine Lakeland, die Witwe des 2013 verstorbenen Musikers, das erste posthume Album des Gitarrenvirtuosen und gerne unterschätzen Songwriter-Meisters zu seinem offiziell 15. Studiowerk zusammengebastelt. „I wanted to find stuff that was completely unheard to max-out the ‘Cale factor’… using as much that came from John’s ears and fingers and his choices as I could, so I stuck to John’s mixes. You can make things so sterile that you take the human feel out. But John left a lot of that human feel in. He left so much room for interpretation.“ erklärt Lakeland die Herangehensweise an ein grundlegend durchaus heikles Unterfangen, dass die beiden jedoch zu einem absolut würdevollen Abschluss von Cales Schaffen abrunden.
Einen Vorwurf, den sich Stay Around dabei eventuell machen lassen muss, ist jener, dass die Spielzeit von 15 Songs und knapp 50 Minuten vielleicht eine Spur zu lang ausgefallen ist. Dass sich in der klangtechnisch von der Demo-Qualität zum aufpolierten Wesen schwankende Sammlung keine neuen Klassiker und Evergreens, sondern eher zeitlose Standards finden, fällt entlang der allgemeinen Formvollendung allerdings kaum negativ ins Gewicht.
Irgendwo zwischen Llanois, Knopfler, Clapton und Dylan wirft das ausfallfreie Stay Around in seinem zutiefst angenehmen und versöhnlichen Fluss schließlich einige hervorstechende Schmankerl ab, stilistisch alle Facetten von Cales zu Lebzeiten bewanderten Raum reüssierend.
Entspannte Bluesnummern wie Lights Down Low zementieren die Ausnahmestellung des Virtuosen, der beschwingt-lockere Roadtrip Chasing You unterstreicht beinahe poppig-sauber die absolute Unangestrengtheit der Handwerkskunst. Es gibt countryesk sinnierende Veranda-Kontemplationen (Winter Snow) und slidend über die Prärie gleitende Erklärungen für den auf den ersten Blick so plakativ anmutenden Namenswahl für das Album in Form des Titeltracks. Dann wieder zeigt sich Cale betont abgeklärt, lässig und cool (Oh My My), bevor er Banjo‘esk am Bluesgrass klampft (Wish You Were Here) oder romantisch flanierend luftige Aufgewecktheit zeigt (Maria).
Am schönsten gerät allerdings das Doppel aus dem so nahbar-intimen If We Try, das seine optimistische Nachdenklichkeit gerade durch den unpolierten Sound vertieft, sowie das mit Besenschlagzeug und Piano in Zeitlupe durch den Jazzkeller swingende Tell Daddy. Diese vermeintliche Ausschussware steht auch abseits des sentimentalen Beigeschmacks und der emotionalen Hypothek über vielen Karrierehighlights etwaiger Epigonen der Legende. Freilich: Sein Denkmal hat Cale sich trotzdem mit anderen Songs und Platten gebaut – hier bescheren ihm seine Nachlassverwalter jedoch eine rundum würdige Ehrenrunde für sein unantastbares Vermächtnis.
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