Jack White – Blunderbuss

von am 18. April 2012 in Album

Jack White – Blunderbuss

Mit Mitte Dreißig ein routiniertes Alterswerk, ohne Bandnamen, hinter dem er sich austoben kann: Wer auf Grund des Neubeginns als Solokünstler erwartet, dass Jack White ein unbekanntes Kapitel seiner Handwerkskunst aufschlägt, wird freilich enttäuscht sein müssen.

Dafür waren The White Stripes zu sehr Jack White, dafür haben selbst die Alben der Raconteurs und The Dead Weather zu deutlich seine markante Handschrift getragen. Wenig verwunderlich also, dass Jack White solo genau da ansetzt, wo er als Bandmitglied aufgehört hat – bei purer Jack White Musik. Rockmusik ist das, die in den 70ern zuhause ist, die es gerne schmutzig hat und sich weitaus umständlicher gibt, als sie eigentlich ist. Bluesmusik, die zu Soul nicht Nein sagt, Country und Folk zulässt und selbst Classic Rock nicht abgeneigt ist. ‚Blunderbuss‚ feuert koordiniert in das Repertoire des 32 jährigen Amerikaners und tatsächlich fasst der Albumerstling unter eigenem Namen das bisherige Schaffen tadellos zusammen: Das hat die eingängigen Melodien der Raconteurs und dazu passt auch hin und wieder die Versifftheit der Dead Weather Gang. Man findet die Direktheit der White Stripes, doch verzichtet Labelchef und Produzent White natürlich konsequent auf deren inszenatorische Limitierungen.

‚Blunderbus‘ ist ein abwechslungsreiches,  reich instrumentiertes Stück Versiertheit geworden, das sich in blindem Verständnis durch die Handschrift seines Erdenkers schlängelt und zu keiner Sekunde nach dem spontanen Schnellschuß klingt, das es sein soll: Wu-Tang Mastermind RZA taucht nicht zu einer angedachten Session in den Third Man Studios in Nashville auf? Macht nix, White hat genug Songs in der Schublade, um die angekarrten Musiker zu beschäftigen. Thematisch passten diese ohnedies nicht auf die andere Baustellen, also bitte. Musikalisch ist dann weitaus weniger dunkel ausgefallen, als es das schön Stripes konträre Düster-Artwork suggerieren will. Der Opener ‚Missing Piesces‚ baut da von Anfang an geschickt Spannung auf und schunkelt draufhin entspannt durch all seine Facetten: Das ist keine Platte des Gitarristen White geworden, sondern eine Spielwiese für den fundierten Allroundmusiker White. Die Orgeln wabbern, Pianos treiben soft dahin und das Schlagzeug poltert auf mehreren Ebenen. ‚Blunderbuss‚ zelebriert die Songwritingkunst, die man von White zumindest seit einem halben Jahrzehnt gewohnt ist, und macht seine Sache dabei im besten Fall gut, im schlechtesten immer noch unheimlich souverän. Nur wirklich Neues, das offenbart ‚Blunderbuss‚ dann eben doch nicht.

Da eckt die erste Single ‚Sixteen Saltines‚ schon zu routiniert an den Erwartungshaltungen an und erfüllt sie gerade dadurch: Ein drückender Rocksong mit schneidenden Gitarren, wie White ihn mit Meg wohl nicht aufnehmen konnte, aufnehmen wollte. Allein das unspektakulär gemixte Schlagzeug im unerlaubt cool stravanzenden ‚Freedom at 21‚ spricht in dieser Hinsicht Bände. Ansonsten aber eben Business as usual aus dem Hause White: Der Slidegitarren-Country vom Titeltrack bleibt ohne genügend Biss, nicht nur ‚Weep Themselves to Sleep‚ marschiert eine Spur zu sehr auf der sicheren Seite. ‚Blunderbuss‚ weiß zu jedem Zeitpunkt, was es kann, muss und will niemandem etwas beweisen, schon gar nicht mit Einweghits als Kanonenfutter. Doch ist es auch ohne diese schlicht eine Spur zu satt geworden. Da rüttelt die umwerfende 60ties affine Psychedelikpopnummer ‚Hip (Eponymous) Poor Boy‚ beinahe, die soulig anachronistische Rhythmusübung ‚I’m Shakin‘‚ reisst gleich doppelt so heftig mit. White tanzt auf ‚Blunderbuss‚ auf vielen Hochzeiten, auf den meisten gehört er immer noch zu den begeisterndsten Hinguckern, auch, weil die unheimlich durchdachte Produktion all die Ausflüge geschickt unter einem Banner zusammenhält. Mit seinem Solodebüt auf Albumlänge gelingt White dabei bereits ein kleiner Ritterschlag: ‚Blunderbuss‚ ist nicht weit vom zeitlosen Alterswerk eines Springsteen, eines Dylan entfernt. Und bevor man sich zu sehr daran stösst, dass White bei seinem Leisten bleibt, dass er das, was er kann, schlicht eine Spur zu unspektakulär zelebriert, sollte man immer bedenken: Lehnt er sich zu weit aus dem Fenster, kann das auch ordentlich in die Hose gehen.

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