Kings of Leon – Walls

Sofern man mittlerweile seinen Frieden damit geschlossen hat, die Kings of Leon in aller Bedeutungslosigkeit an die Stadien dieser Welt verloren zu haben, kann man Walls – We Are Like Love Songs – durchaus als souverän nach Hause gespieltes Konsens-Formatradio-Sammelsurium goutieren.
Schreckt man zudem nicht vor der seichten Verträglichkeit zurück, die (das dann doch wieder irgendwo fünfsilbig daherkommende) Walls entlang seiner glatten Nummer-Sicher-Produktion transportiert, muss man sogar feststellen, dass das siebente Studioalbum der Followill-Gang nach dem das Qualitätsniveau einpendelnden Vorgänger Mechanical Bull die Songwriting-Formkurve abermals ein klein wenig nach oben rückt.
Ohne erkennbaren Druck ist Walls wohl ungefähr dort angekommen, wohin bereits spätestens das an seinem starken Gefälle scheiternde Come Around Sundown mit der Brechstange wollte: Bei gut gemachtem, grundsolidem Arena-Rock, angenehm statt aufregend, infektiös und flüchtig, warm im Klang und schmissig in der Zielstrebigkeit. Musik, die man im Autoradio gerne lauter dreht, ohne sein Herz daran zu verlieren.
Walls profitiert insofern davon, dass Mechanical Bull mehr als alles andere wieder ein Gefühl für die Band und ihren Sound entwickelt hat – und dieses Gespür mit einem subtil verfolgten Oldschool-Vibe (Wild lichtet die „frühen“ Kings of Leon etwa in schnarchig ab) nun eben über 43 Minuten hinweg ohne Verkrampftheit in einige Hits und sehr viele feine Hintergrundohrwürmer verwandelt.
Keine Frage: Walls ist unterm Strich harmlos, uninspiriert und zahm, weil generisch und mutlos agierend, wenn nicht nur das nichtsdetotrotz schöne Reverend ohne jeden Biss als halbgares Mittelding zwischen Rockballade und Schlafwagensoundtrack gespielt wird, sondern der Platte hinten raus generell ein wenig die Energie ausgeht. Permanente Gefälligkeit ist hier aber ohnedies eine Grundvoraussetzung, Ecken und Kanten nur bedingt.
Die Kings of Leon machen aus der gesichtslosen Masse heraus allerdings das beste aus ihrer zahnlosen Dienstleister-Tätigkeit und liefern ab, betten durchgängig griffigere Melodien und Hooklines in typische Standards und variabel aufbereitete Selbstzitate, sorgen im Gesamten für mehr erinnerungswürdige Momente als zuletzt.
Alleine der Vergleich zwischen dem Mechanical Bull-Eröffner Supersoaker und dem neuen Einstieg Waste a Moment macht dabei deutlich: Beide Opener sind klar konstruierte Singles, catchy nach vorne gehend und passgenau aus dem idealen Material blaugepaust, damit die Band den mitgröhlbaren Hit live gelangweilt vom Fließband lassen kann, Fans ausgelassen dazu abgehen dürfen und Manager sich wohlwissend mit Dollarzeichen in den Augen die Hände reiben – nur dass Waste a Moment seine Sache eben noch einmal in nahezu jeder Hinsicht erfrischender, knackiger, effektiver, offensichtlicher (und damit angesichts der Band-Intention wohl auch: besser) macht.
Symptomatisch für die gesamte Platte: Around the World bedient sich funkiger Rhythmen und gibt sich mit verspielten Gitarren betont unangestrengt aus dem Handgelenk geschüttelt, transportiert auch den allgemein relativ gelungenen Abwechslungsreichtum von Walls und kaschiert damit doch stimmungsvoll die Vorhersehbarkeit und Mutlosigkeit der Nummer, die aktiv gehört durchaus schon während der Song auf die Tanzflächen treibt ein wenig langweilen kann.
Das stimmungsvoll in seinen Bann ziehende, energische Find Me trumpft dagegen klar auf, und das unterschwellig Spannung erzeugende Over leitet gekonnt in das mit relaxtem Mexicana-Flair daherkommende Muchacho über, das pfeifend in den Sonnenuntergang schippert. Conversation Piece legt sich mit eleganter Geste in seinen feinen Refrain, kommt aber im Grunde nirgendwo an – egal: die ruhigen Töne beherrscht die Band absolut einnehmend. Der Springsteen‚eske Titelsong verabschiedet isnofern als feinfühlig zurückgenommene Zärtlichkeit besonders wohlwollend.
Das ist dann in Summe zwar vielleicht weiterhin nicht das, was man sich von den Kings of Leon angesichts ihrer ersten drei Studioalben erhofft. Aber angesichts der mittlerweile etablierten Erwartungshaltungen macht Walls dann doch erstaunlich viel richtig. Zumindest fast: Denn das schlimmste an Walls ist – man nehme es als Kompliment – sein grottenschlechtes Artwork.
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