Lena Raine – Oneknowing

von am 24. April 2019 in Album

Lena Raine – Oneknowing

Aktuell ist eine der ganz wunderbaren Piano-Aufarbeitungen von Trevor Alan Gomes zur kleinen Game-Sensation Celeste erschienen. Deren Soundtrack-Urheberin Lena Raine selbst ist derweil bereits weiter und legt mit Oneknowing ihr nominelles Debütalbum vor.

Eine Zeit der persönlichen und lokalen Um-, aber eben auch der beruflichen Durchbrüche hat Lena Raine also ohne Verschnaufpause genutzt, um auf der Welle der Aufmerksamkeit dem vielgepriesenen Score des herausragenden 2D-Plattformers Celeste (nach zahlreichen Projekten und Auftragsarbeiten) ihr dezidiert erstes offizielles Soloalbum nachzulegen.
Eine wirklich klare Abgrenzung zu ihrem bisherigen Schaffen markiert Oneknowing ästhetisch dann aber genau genommen nicht wirklich, obwohl Synthesizer erst in der zweiten Hälfte der Platte eine dominierende Rolle spielen, davor eine Konzentration auf organischere Instrumente stattfindet und etwa das erst leise schimmernde, dann kammermusikalisch plätschernde Breath auch direkt von Celeste stammen könnte. Was angesichts der Qualität ihrer bisherigen Soundtrackveröffentlichungen natürlich an sich eine gute Sache ist, dem Potential von Raine im Zwischenbereich aus Klangmalerin und klassischer Songschreiberin auf Oneknowing aber auch eine gewisse Unentschlossenheit verleiht.

Songs wie Insomnia oder das auf einen archetypischen Beat fußende Momodani pflegen das traumwandelnde Reisen durch ambient aus der Downtempo-Elektronik gewachsenen Welten. Sie lassen eine einnehmende Melancholie einwirken und leben immer auch von einer allgegenwärtigen Vertrautheit, die einen Gutteil der ebenso assoziativen wie imaginativen Atmosphäre der Platte ausmacht.
Nicht nur in dem mit Streichern ausgestatteten Plucker-Trost Light Rail nähert sich Raine hingegen durch die Hinzunahme von Gesangspuren nun klassischeren Popmotiven an, wandert immer wieder ohne gänzlich greifbar zu werden (und ihre Melodien zum Ohrwurm fokussieren zu wollen) in den Fußspuren der allgegenwärtigen Referenz Air. Gerade Tsukuyomi ist beispielsweise mit seinen zarten Effekt-Vocals, sowie der organisch-synthetischen Gangart zwischen Keyboardperlen und suggeriertem Gitarrenzupfen, klar von der französischen Moon Safari-Easy Listening-Lounge geprägt, erklärt ohne reale Texte im gefühlten Fantasie-Japanisch die Stimme zur wohlklingenden Lautmalerei.
Vielleicht bleibt allerdings gerade dieses Element ein bisschen zu sehr generisch mäandernde Ausschmückung, indem Raine ihren Gesang eher als sedatives Element versteht, um nostalgische Färbungen zu erzeugen, wo sich das Songwriting phasenweise im gefälligen Nirgendwo auflösen möchte.

Man merkt eben immer wieder, dass Oneknowing in seiner entspannt treibenden Agenda, entschleunigt und meditativ, von Raine in Teilbereichen als ihr persönliches Relax-Programm für den emotionalen Ausgleich mit inneren Dämonen erdacht wurde.
A Chance to Rest steht insofern nicht nur mit seinem Titel, sondern auch mit der vollkommenen Rhodes Piano-Zeitlupe durchaus symptomatisch für das ätherische Wesen einer Platte, die zutiefst angenehmen konsumierbar eine wohlig einnehmende Stimmung erzeugt und gerade über diesen zurückhaltenden Fluss sehr gut funktioniert. Dass Raine ihren eklektischen Sound beispielsweise über das leicht düsterer mit 80er-Bass ausgestattete Cinemascope Insomnia oder die Here With Me-in-New-Age-Hypnose für den sphärischen Hintergrund namens Trance State nur in Details variiert, bevor das Finale aus Wake Up und Aurora mit subtilen Arrangements versöhnt, hält den Parallelwelt-Charme der Platte dann auch kurzweilig genug, um zu ignorieren, dass sich Oneknowing als homogen zusammengesetzte Summe seiner dualen Teile doch auch bisweilen wie eine Übergangsplatte zwischen Raines angestammten Soundtrackarbeiten und einer davon eigenständig funktionierenden Schaffenskraft erscheint. Diese 39 Minuten sind eine therapeutische Schönheit.

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