Lower Automation – Welcome to My Deathbed

von am 23. Mai 2024 in EP

Lower Automation  – Welcome to My Deathbed

Der Beipackzettel zu Welcome to My Deathbed, der EP Rückkehr von Lower Automation zwei Jahre nach ihrem zweiten Langspieler Strobe Light Shadowplay, erklärt vielleicht einiges – kann die versammelten 14 Minuten damit aber dennoch kaum fassbarer machen. 

We packed into a basement during an aggressively mild winter to piece together an EP written in bites over the latter half of a year. The three of us filled every spare inch of space on these five songs with layers of distorted tracks and heavily contrasting dynamics. „Welcome to My Deathbed“ is a dizzying collection of dark, moody, and industrial tracks born from a crushing couple of months.“ schreiben Derek Allen (Gitarre, Vocals), Bassist Brian Sutton und Schlagzeuger Andy Ducey, das Auftreten der Platte durchaus beleuchtend.
Aber gut, verarbeiten muss man das Ergebnis dennoch selbst – oder zumindest in unbändiger Faszination daran scheitern.

Immerhin hat das Trio aus Chicago da fünf Songs geschrieben, die im Sound und der Ästhetik durchaus eine gemeinsames Ziel bedienen, ihre angestammte Basis aber in eine andere Perspektive rücken – ungefähr so, als hätte das Artwork eine tonales Kaleidoskop geboren; oder als wären Kayo Dot in ihrer 80er-Phase eine Mathcore-Band geworden, die gerne Thursday hört; oder als hätten Lower Automation ihren bisherigen Übermut in einem düstertrunkenen Pop-Zeittunnel ausgebremst.  Oder….so.

Das ist auf eine eingängige Weise sperrig und desorientiert hinterlassend, auf komplexe Weise mit Red Herring-Melodien zerfahren, und so dicht im Klangbild, das es man hypnotisch angezogen immer weiter hinein in das flächige Labyrinth irrt. Der angestammten Manie stemmen sich Bullet-Time-Hooks entgegen und die Handschrift der Band wirkt zeitweise wie von einer eklektischen Handbremse eingelullt.
Was erstaunlicherweise weniger  anstrengend ist, als es sich lesen muss – oder es auf den Erstkontakt wirkt.

…is Violence bändigt eine gehörige Portion Chaos am Scheideweg aus Post Hardcore, Noise Rock und experimentellem Shoegaze. Der Klargesang schwelgt theatralisch im Delirium und folgt den eigenwillig verspult hetzenden Tempo der Musik dorthin, wo At the Drive-In als Psychedeliker die Gitarrenschleifen wie im Fiebertraum ziehen lassen hätten können, gleichzeitig hyperaktiv und somnambol sediert (Mercaptan).
Life Insurance arbeitet einer ähnlichen anachronistischen Trance auf Speed entgegen, verschmilzt einen getriebenen Rhythmus mit Industrial-Ahnungen und Synths, skandiert jedoch am Erbe von Letlive., bevor Hookworm eine diffuse Hyperraum-(Post) Punk-Konfusion mit einem Bein in der Eingängigkeit samt Goth-Färbung. Eine Optik, die repräsentativ ist.
Das massiver in Zeitlupe wälzende Nosedive orientiert sich dagegen mit verhalten melodramatischer Geste und elegant kaputt schrammenden Gitarren an Daughters und steht exemplarisch für einen die EP prägenden düsteren Anachronismus, einen Seiltanz über versöhnliche Facetten, ruhelos reibende Disharmonie und einer 80er-Affinität, die auf geradezu subversive Weise ein neues Kapitel für die Band aufschlägt. Dafür gibts neugierig dein Aufrunden zwischen den Punkten.

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