Omar Rodríguez-López – Arañas en La Sombra

von am 1. September 2016 in Album

Omar Rodríguez-López – Arañas en La Sombra

Rechtzeitig zum runden Soloalbums-Jubiläum gräbt Omar das älteste Material seiner aktuellen Veröffentlichungserie aus und beschert anhand von Arañas en La Sombra ein Wiedersehen mit (beinahe) der kompletten Ur-Besetzung von The Mars Volta.

Als Rodríguez-López seinen 12 teiligen Albummarathon für das zweite Halbjahr 2016 ankündigte und erste Informationen zu den vorderen Platten dieser Stafette durchsickerten, schien Arañas en La Sombra ungehört der potentiell spannendste Vertreter dieser Serie zu werden. Immerhin greift das 30. Soloalbum von Omar auf Archivmaterial aus der Zeit von 2001 bis 2012 zurück (mit Fokus auf die ersten beiden Jahre dieser Zeitspanne)  und ließ alleine durch den einhergehenden Credits die Zungen schnalzen: Jon Theodore, Eva Gardner, Ikey Owens und Juan Alderete de la Peña sind auf den 12 Songs der Platte zu hören, dazu Teri Gender Bender und John Frusciante (dessen exakten Beitrag im Gesamtgefüge zu finden sich übrigens als nahezu unmöglich erweisen wird): Also quasi ein Wiedersehen mit den ersten Inkarnationen von The Mars Volta (exklusive Cedric und dem verstorbenen Jeremy Ward), versammelt auf einer Platte (hinter dem Artwork von Julio Venegas, dessen Andenken ja De-Loused in the Commatorium gewidmet war).

Die Aussicht weitere Einblicke auf Sessions zu bekommen, die in verschiedensten Formen und Versionen zumindest bruchstückhaft bereits auf zahlreichen anderen Veröffentlichungen von Rodríguez-López oder seinem Progflagschiff gelandet waren – und ob deren kompositorischer Qualität man insofern bereits vorab weitestgehend überzeugt sein durfte – schien deswegen nur zu verlockend.
Und nun? Ist Arañas en La Sombra in erster Linie eine ziemlich frustrierende Angelegenheit geworden . Was dann auch gar nicht an der überraschend überragenden Qualität von Corazones und Blind Worms, Pious Swine liegt, sondern weil die aufgefahrenen 38 Minuten mehr als alles andere ein einziges soundtechnisches Ärgernis darstellen und quasi LoFi ohne LoFi-Anspruch sind. Die Steigerung des Antemasque-Desasters: Basslastigkeit sucht man beinahe vergebens, der grauenvolle Mix tut in den Ohren weh. Selbst alte Demos hiervon hatten einen besseres, weniger dünn übersteuerten Klang als die nun fertigen Songs ihn verpasst bekommen haben – die Probe aufs Exempel kann man anhand der Telesterion-Nummer Cásate Colmillo durchführen, die nun als Extravagants Dientes im geschlossenen Rausch aufgeht. Zwar kann man sich an diese desaströse Anti-Produktion bis zu einem gewissen Grad leidvoll gewöhnen – wo der Sinn in einer derartig unterirdischen Verschandelung liegt, bleibt jedoch ein Mysterium. Besonders unnötig erscheint dies, da Arañas en La Sombra den grandiosen Lauf der bisherigen 2016er Alben ansonsten eigentlich nahtlos fortgesetzt hätte.

Inmitten der stimmungsvolllen Klammer aus Field Recording/Kindergeräusche?/Pfauengeschrei?-Intro (No Hey Inteligencia) und Outro (Presencia) platziert Omar flott-punkige Sprinter im spanischen Gewand (Arcos del Amor) ebenso wie nachdenkliche Balladen (das wunderbare Voluntad De Los Ciegos). Dazwischen ist Arañas en La Sombra eine wunderbare Déjà-vu-Hatz, die immer wieder Erinnerungen an verschiedene Phasen der Mars Volta’schen Geschichte anreißt: Mal an die dynamischen Exkursionen von Amputechture erinnert (etwa die Tetragrammaton-Wurzel El Vacio und das nahtlos übernehmende Piojos Histericos, oder das furios gesteigerte Semillas De Hez), dann wieder die Ursprünge von Roulette Dares (The Haunt of) und A Plague Upon Your Hissing aufdeckt, Erinnerungen an die Livegeschichte der Band inklusive Scabdates weckt oder die DNA von Gniddeleien aus der Ära von Frances the Mute findet.
Arañas en La Sombra bereitet ein fast schon detektivisches Vergnügen: All diesen Querverweisen und wildwuchernden Verankerungen in der Mars Volta-Historie nachzuspüren, die als The Ramrod Tapes oder Revenants bekannten Demos rauszukramen, zu vergleichen, in Nostalgie zu schwelgen – das lässt das Fanherz aufgehen!
Dass das Album jedoch auch ohne die Kenntnis derartiger Zitate bestens funktioniert (wie wunderbar sich etwa das melancholische Metamorfosis in seinen Orgelteppich legt oder Extravagants Dientes improvisierte Funken sprühen lässt!), ist zwar die eigentliche Leistung von Arañas en La Sombra. Trotzdem erfreut die Platte den Langzeitanhänger eben vor allem auf einer Ebene: Näher wird man einem Wiedersehen mit The Mars Volta bis auf weiteres wohl nicht kommen, als mit diesem energisch zwischen all seinen Ideen umherspringenden Jam Session-Patchwork. Schöner wäre insofern nur eine komplette Veröffentlichung des angekündigten, aber in der Versenkung verschwundenen The Somnambulists (aus dem Arañas en La Sombra mutmaßlich zu einem Gutteil besteht) gewesen – oder eben ein dem Songmaterial würdiges Mixing.

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