Paul White – Rejuvenate

Ob nun mit seinem kongenialen Kumpel Danny Brown, Hemlock Ernst, Jamie Woon, Homeboy Sandman, Aesop Rock oder Charlie XCX: Schräg neben den Spur aufdrehende Beats und abenteuerlustige Loops hat Paul White längst für sich gepachtet. Umso überraschender, dass der Querdenker mit Rejuvenate nun eine angenehm-nebensächliche Form des psychedelischen Pop für sich entdeckt.
Anstelle akribisch im Panikmodus zusammengebastelter Samples und weird-hyperventilierender Elektronik setzt White auf seinem (je nach Zählweise) siebenten Solo-Studioalbum nun jedenfalls gleich im dösende Schleifen am Dancefloor ziehenden Opener A Chance auf den nonchalanten Fluss eines gefällig schimmernden organischen Sounds, der sich (gerade aufgrund der herrlich stacksend smooth-groovenden, wie übrigens alle Live-Instrumente von White selbst eingespielten Drums) irgendwo zwischen der afro-affin tänzelnden Rhythmik von Maps & Atlases oder den Dirty Projectors bewegt.
White zitiert sich in weiterer Folge mit zeitloser Ästhetik und geduldiger Zurückhaltung entlang weitschweifend-unopulenter Arrangements durch alles, was sich im Weichzeichnereffekt auf den britischen Inseln von Soul, Folk und Easy Listening-Funk von den 60s in die 70s hinweg an den Pop anlehnt, bedient sich sphärischer Synthies, wabbernder E-Bässe und oasenhaft-hippiesker Gitarrenflächen, singt auch einmal selbst unwirklich ins Mikro (wie im ätherischen Soul Reunion), artikuliert eine gleichzeitig eine Wurzelsuche seiner Sound-Solzialisierung und bietet strukturell dennoch auch einen neuen Ausdruck seines grundlegenden Verständnises als Hip Hop-Produent an.
Während der Songs, in denen White sich weibliche Unterstützung (von der unendlich zärtlich in die 90er und frühen 2000er blickenden Denai Moore, Shungudzo – die Spare Gold und das verhalten oppulente Ice Cream Man mit einer hauchenden Lana Del Rey-Zärtlichkeit vage doch noch in die ungefähre Richtung von Hip Hop-Ansätzen blicken lässt – sowie seiner Schwester Sarah Williams White) holt, bekommt das Ambiente dadurch auch eine latent inmitten luftig-lockerem Trip Hop und entspanntem Dreampop schwelgende Stimmung, zwischen Martina Topley Bird und AIM, Tycho und Zero 7, Vondelpark und Bibio.
Damit driftet das traumwandelnd mediative Rejuvenate direkter, zugänglicher und straighter als etwa Shaker Notes, bleibt auf knackige Art elegant, lebt allerdings dennoch von einer subtilen Grandezza, die so unheimlich relaxt im warmen Reverb verwaschen badet: Ein permanenter Schleier scheint über der Platte zu liegen, der die Dinge niemals restlos greifbar werden, Rejuvenate wie beruhigendes Öl runtergehen lässt.
Songs wie das wunderschön über seine mediteranen flimmernden Harmonien schwebende Set the Tone oder das mit charmanter Lässigkeit flanierende See Trough treiben dabei sofort ins Ohr. Auch für sich genommen ziellose – mehr oder minder rein instrumental gehaltene – Visionen wie Returning oder die beschwingte Spielwiese des Titelsongs bezaubern im Kontext nahtlos. Rejuvenate funktioniert ohnedies am Stück am besten, wenn sich die 43 Minuten der Platte als nonchalant den sonnigen Sommertag begleitende Pool-Nebensächlichkeit ausbreiten.
Dann hat White hier ein Kaleidoskop an unaufdringlich den Gehörgängen schmeichelnden Balsamierern versammelt, das sich ganz bewusst auch einen flüchtigen Charakter vorbehält, weil Rejuvenate gerade aus dieser Unverbindlichkeit einen Gutteil seiner angenehm unprägnanten Verdaulichkeit zieht. Das darf sich in Summe gerechnet dann deswegen auch immer wieder soviel zwanglosen Müßiggang erlauben, um phasenweise in einer gefälligen Harmlosigkeit und elegischen Wohlfühlzone verschwimmen zu drohen: Ein Laugh With Me lebt schließlich paradoxerweise explizit von seiner absoluten Schwerelosigkeit, die seine Substanz nicht in der Tiefe sucht, bevor auch All Around ganz bewusst nur an der Oberfläche begleiten will.
Den Endorphinhaushalt füllt Rejuvenate derweil durch die dadurch transportierte luftige Lockerheit auf subversiv-dezente Weise so heimlich, still und zurückgenommen von innen heraus auf. Womit sich diesmal auch in der Wirkungsweise alles ein wenig anders in Gold verwandelt, als man das bisher von Midas White gewohnt ist.
[amazon_link id=“B07BSLQG93″ target=“_blank“ ]Vinyl LP auf Amazon[/amazon_link] | [amazon_link id=“B07B2WL8X2″ target=“_blank“ ]MP3 Download auf Amazon[/amazon_link] |
Kommentieren