Rancid – Trouble Maker

von am 1. Juli 2017 in Album

Rancid – Trouble Maker

Dieser Trouble Maker ist kein Unruhestifter, sondern eine wohl endgültige Deklaration: Man muss sich zwar damit abfinden, dass die Street Punk-Veteranen Rancid ihre Blütezeit mit dem überragenden Indestructible vor knapp 14 Jahren abgeschlossen haben und seitdem einen so überdurchschnittlich soliden, wie rundum vitalen Fandienst am eigenen Vermächtnis liefern.

Mit Trouble Maker lässt sich diese Tatsache allerdings sogar noch einmal um das Quäntchen kurzweiliger und zwingender genießen, als nicht bereits ohnedies der Vorgänger …Honor is All We Know die Formkurve der Cali-Punks nach dem zahm-mäandernden Let the Dominos Fall wieder nach oben korrigierte: Album Nummer Neun fackelt die gewisse formelhafte Vorhersehbarkeit im Rancid-Haushalt entlang formvollendeter Trademarks abermals als pure Zuverlässigkeit ab, verzichtet diesmal aber auf gar zu plakative Wiederhohlungen. Das (eigentlich ohnedies nicht fehlende, aber) grundsätzlich abwesende Überraschungsmoment wird insofern längst wieder mit der zwingenden Qualität ausgeglichen, die eine altbewährte Klasse aufzeigt.
Denn wer braucht schon Innovationen, wenn man ein Erfolgsrezept bis zur Perfektion verinnerlicht hat und dieses schlafwandelnd dann noch schwungvoller zu Stande bringt, als all jene Bands, die nicht bereits über zweieinhalb Dekaden am Buckel haben? Eben. Neue Rekorde sind deswegen auch nur bedingt notwendig, wenn es wieder zu einem lockeren Start-Ziel-Sieg reicht.

Das klassisch-schnörkellose Rancid-Songwriting bleibt nach einer kurzen Schwächephade also auch ohne ikonische Szenen durchgelüftet und entstaubt, man weiß mit der eigenen Erbverwaltung souverän umzugehen. Gerade aufgrund der praktisch mit jedem neuen Track rastlos zwischen den stilistischen Polen umherspringenden Ausrichtung der Platte zündet Trouble Maker erfrischend hungrig und locker aus den Hüften geschüttelt, frönt trotz politischer Umbrüche in erster Linke einem immanenten Unterhaltungswert. Rancid klingen nach Let the Domonoes Fall mittlerweile nicht mehr, als würden sie unter den festgefahrenen Erwartungshaltungen am eigenen Bild als Dienstleister versteifen, sondern, als hätte man mittlerweile die Freude daran destilliert, diese gerade möglichst knackig zu bedienen. Der motivierte Funke hinter diesem Antrieb springt unmittelbar infektiös auf den Hörer über.
Das effektive Trouble Maker macht so vom ersten Moment seines abwechslungsreichen, definitiv nicht auf eine ewige Halbwertszeit oder Klassiker-Ansprüche ausgelegten Schaulaufens an schlichtweg eine unbändige Laune, feuert seine unmittelbar hängen bleibenden Melodien und poppigen Hooks mit einer versierten Treffsicherheit und serviert gerade in der enthusiastischen ersten Hälfte eine regelrecht atemlose Stafette an potentiellen Hits und Ohrwürmern, die die typische Bandbreite des Quartetts mit 17 Songs in 37 Minuten so kompakt wie spielend abdeckt – eine How To-Rancid-Wundertüte also, quasi.

Da reihen sich räudig nach vorne gehende In-Your-Face-Punktocker wie Track Fast neben groovende Ska-Ankurbler ala Where I’m Gone, dann wieder stampfen Rancid mit Make it Out Alive Richtung Hardrock und gleichen diesen in Bovver Rock and Roll mit assigem Bad Brains-Hardcore aus und wettern in Buddy gar mit Hang zur Hymnik kompakt riffend zum Harmonika-Solo.
Nicht nur das Basssolo-antäuschende Beauty of the Pool Hall kaschiert dann eine über die Jahre natürlich weniger kraftvoll gewordene Gesangsperformance von Armstrong und Co. mit allgegenwärtigen Backingvocals in abfedernder Harmonie, die Produktion von Brett Gurewitz spielt der vielleicht eine Spur zu glatt zu konsumierenden Platte ungeachtet des mitunter merkwürdigen Mixes in die Karten.
Wo auf Trouble Maker damit generell ein Wille zur Bekömmlichkeit zu spüren ist, formt jedoch im Grunde ein ganz anderes Element den Charakter des Albums nachhaltig.  Erstmals ist da eine latente Nostalgie im Handwerk von Rancid zu bemerken, immer wieder ist da die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Die Songs tragen gerne Titel wie Say Goodbye to Our Heroes, mit Schwermut und Nachdenklichkeit geht die Band freilich kaum zimperlich um. Das das aus der Routine erblühende Ghost of a Chance wird kurzerhand flott nach Hause gespielt, das mit Soli und Handclaps seine politische Agenda vor Augen habende Telegraph Avenue feiert mit Sonnenschein im Nacken, das sofort hängen bleibende Farewell Lola Blue zeichnet als nur einer von so vielen potentiellen Singles Erinnerungen an alte Zeiten. Sie alle leben von einer gewissen Melancholie zwischen den Zeilen, dem lyrisch verträumten Blick zurück, vielleicht sogar dem Wunsch gewisse Kapitel abzuschließen.
Es ist jedoch durchaus bezeichnend für die aktuelle Verfassung der Band und symptomatisch für ihre beste Platte seit dem freilich in einer ganz anderen Liga spielenden Indestructible, dass sich Trouble Maker aus dieser Ausgangslage heraus absolut nicht wie ein Abschied oder gar Aufbruch ins Alterswerk anfühlt, sondern selbst einen gewissen Schwermut als anzapfbare Energiequelle versteht. This is Not the End grölt Armstrong am Ende – was nach dieser Fanpleaser-Platte vielleicht nicht als agressive Kampfansage zu verstehen ist, sondern eher als enorm gefälliges Versprechen.

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