Richard Hawley – Further

von am 29. Juli 2019 in Album

Richard Hawley – Further

Richard Hawley hat es auf seinem achten Studioalbum relativ eilig: Further entpuppt sich über elf Songs und knappen 36 Minuten als sehr feines, aber auch dezent unbeständiges Schaulaufen eines zeitlosen Klassikers der britischen Insel.

Diese relative Schwankungsbreite im gehobenen Mittelmaß – ohne tatsächliche Ausfälle oder Ausbrüche nach oben – ist dann auch ein klein wenig gravierender als die Tatsache, dass der 52 Jährige Brite seine Discografie mit dem sinnig betitelten (übrigens erstmals nach keiner Location in Sheffield benannten) Further auf eine Weise ausbaut, die wenig Überraschungen parat hält. Man kennt praktisch jede Gangart hier vom sentimentalen Britpop-Granden Hawley bereits, hat vieles hier schon einmal ähnlich von ihm gehört – meist eben leider auch etwas besser.

Geschenkt. Die unaufgeregte Performance des ewig unter Wert verkauften Tausendsassas und seine klassisch gute Art Songs zu schreiben, lässt Further zu einem weiteren gelungenen, überdurchschnittlich soliden Fanpleaser werden, der höchstens etwas unausgegoren zwischen kantigeren Rocksongs und schmeichelweichen Schmusern vertändelt.
Dabei führt gleich der Opener ein wenig auf die falsche Fährte: Off My Mind klingt mit rauen Intonation als schnörkelloser, unspektakulär-solide daherkommender erdigen Rocker wie Mark Lanegan das wohl nicht mehr kann; ist abseits davon direkt und zielstrebig – aber letztendlich beliebig abgeschlossen, zeigt keine Ambition über das Momentum hinauszuwirken.

Generell sin die rockigeren Songs wegen dieser Alibi-Haftigkeit das Manko von Further, wirken eher wie notwendige Katalysatoren, um die ansonsten ruhige Austrahlung der Platte nicht einer zu gleichförmigen Langeweile anheim fallen lassen zu können. Is There a Pill? schunkelt etwa im Midtempo, frisiert seinen ungewaschenen Beginn bald mit Streichern und schwelgt elegisch in hymnischen Gesten. Das breitbeinige Galley Girl bleibt egal und Time Is taucht den Chamber Pop gegen bluesiges Heartland-Flair samt hemdsärmeliger Mundharmonika.
Man wird diese Nummern zukünftig auf der Bühne begrüßen, jedoch auf Platte eher wohlwollend skippen und stattdessen bei den gefühlvollen Momenten der milden Einkehr verweilen . Auch wenn diese genau genommen eher durch ihre zeitlose Ausstrahlung und die grundlegende Klasse der Substanz leben, als von wirklich herausragend charakteristischen Genieblitzen – und um den puren Herzschmerz erschöpfend auszukosten ist Hawley diesmal eben doch zu hastig unterwegs.

Alone flaniert dennoch herllich liebenswert-verspielt. Gemütlich, aber nicht brässig, zudem mit dezenter Hand reichhaltig instrumentiert. Wegen derartiger Nummern lieben ihn Elbow und sollten mehr Morrissey-Fans Hawley verehren. My Little Treasure knüpft dagegen so gefühlvoll, sehnsüchtig und weich alleine mit dem zarten Orchester an True Meanings an und der Titelsong ist eine symptomatisch angenehme, friedvolle akustische Ballade.
Emilina Says plätschert versöhnlich, aber auch ein bisschen belanglos, die sympathische kleine Miniatur Not Lonely zieht mit ihrer Nonchalance in den Bann, bevor Time Is und Midnight Train mit romatischen Verve bezaubern – aber eben auch schneller wieder aus den Gedanken getröpfelt sind, als man das von Hawley gewohnt ist. Eine Platte, die also gegen ein nebensächliches Vergessen antreibt, bei jeder Rückkehr aber ein wohliges Gefühl des Heimkehrens entwickelt. Eventuell werden sich die besten Momente von Further mit genügend Abstand ja sogar als neue heimliche Lieblingslieder und potentielle Karriere-Deep Cuts entpuppen. Für den Augenblick erfüllen sie erst einmal die Komfortzone mit einer wärmenden Zuverlässigkeit.

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