Spektral Quartet, Julia Holter & Alex Temple – Behind the Wallpaper
Alex Temple komponiert, was das Grammy-prämierte Spektral Quartet mit Zauberstimme Julia Holter umsetzt: modernen, kammermusikalischen Klassizismus mit elaborierter Art-Ader, eine surreale Metarmorphose.
Viereinhalb Jahre nach Aviary hat die Ausnahme-Erscheinung Holter immer noch keine Lust auf ein neues Soloalbum und widmet sich nach dem Soundtrack zu Never Rarely Sometimes Always wieder einer neuerlichen Kooperation. Darauf gibt sie sich gänzlich den Welten hin, die Temple erdacht, und das Spektral Quartett – Theo Espy (violin), Clara Lyon (violin), Doyle Armbrust (viola), Russell Rolen (cello) – erschaffen hat: ihr betörend und andersweltartig wie immer bezauberndes Organ liefert quasi den engelhaften, ätherischen roten Faden in dem strukturoffenen und konturfreien Streicher-Ambiente; sie agiert dabei aber eher wie eine neugierige, niemals die Kontrolle übernehmende Besucherin, in einem entrückten Kosmos treibend (und deswegen auch nicht die faszinierenden stilistischen Facetten erzeugend, die Holter ihre. eigenen Kompositionen angedeihen lässt), die Geschichte einer Selbstfindung in mitunter abstrakter LyriK zeichnend.
Auch der Hörer bleibt in einer ähnlichen Beobachter-Rolle, fließt durch ein bittersüßes Konzept-Labyrinth mit, dessen sehnsüchtige, unwirkliche Atmosphäre sofort in ihren Bann zieht, dabei aber jenseits der Spielzeit von 34 Minuten als Kaskade aus mäandernden Ideen und niemals einen wirklich zwingenden, zündenden Impact erzeugenden Szenen letztendlich zu flüchtig bleibt, hinsichtlich seiner Langzeitwirkung primär die Ästhetik in einem sich nur minimal auseinanderdividierenden Gefüge anbietet. Zwar sieben sich immer mehr feine Augenblicke aus den überblendendem Spektrum – Tiny Holes, die psychedelische Abseitigkeit von Science Park, das aufgeregte Fishmouth und das ruhige Zwischenstück Meanwhile, wo Beteiligten alle Beteiligten noch am ehesten zu einer miteinander kommunizierenden Synergie zu finden scheinen, anstatt nebeneinander her zu träumen.
Was intuitiv und organisch mutierend gemeint ist, greift auf emotionaler Ebene in Summe so nur bedingt ineinander – Behind the Wallpaper hat etwas von einer verkopften Schönheit die man ohne zielführende Effizienz extrem gerne nebenbei laufen lässt, oder einer akribischen architektonischen Grandezza, die ohne Pragmatismus auskommen will. Schlecht ist daran keine Sekunde – aber wirklich erfüllend eben auch nur ein Bruchteil, es fehlt dem Werk latent in der Luft hängen lassend einfach die finale Epiphanie in all der staunenden Wunderbarkeit.
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