Susanna – Triangle

von am 20. Mai 2016 in Album

Susanna – Triangle

Susanna Karolina Wallumrød war zuletzt vor allem mit ganz wunderbaren Kooperationsarbeiten mit Jenny Hval oder dem Einspielen meisterlichen Coverversionen (aus dem Repertoire von AC/DC über Phoenix bis hin zu Tina Turner) beschäftigt, während seit dem letzten nominellen Soloalbum der Norwegerin doch vier Jahre ins Land zogen. Kein Wunder also, dass sich bei der 36 Jährigen für Triangle so einiges an Material angesammelt hat.

Mit 22 Songs über knapp 70 Minuten schlägt das (eventuell) neunte reguläre Studiowerk von Susanna auch tatsächlich demonstrativ über die Stränge, vermisst damit aber womöglich nur den Raum, der nötig ist, um sich im erfordert erschöpfenden Ausmaß in diese „soul music for lost souls“ verlieren zu können. Denn es ist gerade auch diese fordernde Ausführlichkeit der Platte, die die nötige Sogwirkung erzeugt, um sich hypnotisiert von dem Reigen an mystisch-faszinierenden Gebilden gefangen nehmen lassen zu können; um Einzutauchen in Klanglandschaft, die sich abseits des Alltag ausbreiten, die trotz überborderder Gästeliste zumeist  um leise variierte Pianotöne und die alles zusammenhaltende Stimme der Norwegerin kreisen – eine impressionistisch ausgelegte Sinnsuche zwischen der eigenen Sterblichkeit, Religion und Aberglaube.

Bringt man die nötige Zeit und auch Geduld auf, um sich vollends in die ätherische Schönheit von Triangle in all seiner Tiefe fallen zu lassen, verdichtet sich der Reigen zu einem Gefühlskino-Soundtrack, der mehr ist als die Summe seiner Teile, entlang leise ausfüllender Klavierballaden zumeist klingt wie die schönstmögliche Verbindung von Joni Mitchell und Joanna Newsom (etwa Texture Within), in psychotische Schräglage kippen könnende Kleinode ala Marissa Nadler (Fear And Terror) auffährt oder ausnahmsweise mit minimalistisch anmutenden Mitteln zum entschleunigten Synthiepop von Kate Bush schielt (Hole). Dann wieder ist Triangle durch verschobene Nuancen näher bei Björk in einem ätherischen Ambientmeer, was sich wie in We Don’t Belong langsam und majestätisch zur Andacht aufbaut, bis man plötzlich mitten drinnen in einem reduzierten Experimental-Konstrukt treibt.
Die Konturen verschwimmen da zwangsläufig, können auf Dauer und bei schwindender Aufmerksamkeitsspanne um sich selbst dösend abdriften. Triangle entfaltet sich aus einer ganzheitlichen Betrachtungsweise eben stärker entlang seiner eindringlichen, spirituellen Atmosphäre, Aura und Stimmung irgendwo im Spannungsfeld zwischen Fiona Apple und Swans, als anhand (durchaus vorhandener) pointierter Prägnanz im Songwriting der einzelnen  Mosaikstücke für sich genommen.

Triangle wird so zu einer gefangen nehmenden Platte, die ohne Distanzgefühl von droneschwangeren Fieldrecordings über jazzige Erweckungsfantasien und scoreartigen Postrock-Augenblicken (Pyramid) zu beinahe zugänglichem Pop wandert, der entweder ausnahmslos am Stück konsumiert und zur Gänze umspülend der nötige Raum gegeben muss, um seine volle Wirken entfalten zu können – oder aber als mäandernde Skizzensammlung zündet, die sich als zielloses Kaleidoskop mit Tendenz zum Stückwerk zwar in zuviel Leerlauf verzettelt, von dem aber dennoch die zahlreichen herausragenden Highlights bleiben werden, die in jedem Fall über den weniger effektiv ausformulierten Ideen mit Interlude-Charakter stehen.
Das gespenstische Mysterium Under Water als nautische Perspektive auf Lana Del Rey etwa,  oder die aus verstörenden Soundscapes geformte Anachronismus-Göttlichkeit Burning Sea als Musik für ertrunkene Noisefreunde. Die beschwingt-elektronische Kammermusikalische Julia Holter-Verneigung In The Need Of A Shepherd, The Fire als aus der abgedämpften Zurückgenommenheit zur Intensität pochenden Intensität inklusive suizidalen Streichern und überragenden Crescendo oder eben Death Hanging, das die Temperatur mit filigraner Gitarre als weihevolle Todesbeschwörung im Geiste Vic Chesnutts variiert.
Sieht man Triangle also nicht als tongewordene Erkundungstour und Erfahrungssuche im Grenzbereich unkonventioneller Strukturen und mediativer Szenen, funktioniert eine selektive Herangehensweise für das Album durchaus dennoch.
Wahrscheinlich alles eine Frage der Perspektiven, zwischen denen sich Triangle mit einer beispiellosen Eigenwilligkeit und andersweltartigen Transzendenz auf die Suche nach der Wahrheit begibt, immer wieder ohne konkrete Antworten in seinen Bann zieht und in den Momenten inmitten unschätzbar wertvoller kleiner Gesten sogar flüchtige Szenen wahre Magie findet.

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