Tendrils – Long Dead
Verdammt vielversprechender britischer Mathcore: Tendrils zeigen sich auf ihrem ersten Studioalbum Long Dead fünf Jahre nach der Debüt EP Collapse nicht nur massiv von Narrows oder Gaza beeinflusst.
In Catharsis klingen sie etwa beispielsweise auch wie frühe Daughters im Coalesce-Modus mit ein bisschen The Locust-Attitüde und Dillinger-Würze, den Bogen zu Under the Pier spannend – was durchaus repräsentativ für den grundlegenden Eklektizismus von Long Dead Dead ist, auf dem sich Steve Forrest, Rich Rowland, Brett Daniels und Luke Fuller aber weniger konkret zitatfreudig erweisen, als Referenzen an ihre Idole vielmehr wie freie Radikale in den Fleischwolf werfen, und das fauchende Chaos im brüllenden Stakkato akribisch kultivieren. Alles fetzt frenetisch, plättet unberechenbar, die Band stürmt um Ecken und Kanten keifend, um Nacken in einer Welt nach Botch zu brechen.
Dazu kommen Impulse wie etwa die jazzige Einkehr in Solipsistic Sorrow, die das Interesse am (zugegeben nicht restlos originellen) Amalgam stets hoch halten: The Pessimist oder das schleifende De-Mapped schleppen ihre Kadaver an ihren Enden etwa zum Noise Rock, die dissonant tackernden Schikanen in House of Vultures harken sich gegen den Strich im (Post) Hardcore ein und treiben den bärbeissigen Brutalismus von Tendrils mit Gift und Galle zum muskulösen (aber organisch trainierten) Berseker.
Perpetual Day kloppt irrwitzig freidrehend und Nausea ist ein Metalcore-Caterpillar, der kurz vom Klargesang-Delirium erfasst sogar eine Melodie zulässt, bevor Classless And Revolting als Psychosen-Hysterie im Pit mit epischem Ausblick großes verspricht.
Denn auch wenn Long Dead sich als Aufguss pudelwohl fühlt und eine klare Linie für Tendrils gefunden hat; das atemlose Songwriting und der packende Sound nichts falsch machen; die Heaviness und Technik sich gegenseitig sportlich herausfordern und alles ebenso direkt zündet, wie es die Auftrittsfläche nicht feilbietet; – ja, da lassen die aufgefahrenen 27 Minuten doch auch jene Luft nach oben, die nahelegt, dass das Devon noise quartet sich hiermit gewissermaßen erst aufgewärmt hat.
Kommentieren