The Shins – Heartworms

James Mercer beweist mit Heartworms einmal mehr, dass die so eingängigen wie bescheidenen Melodien anstandslos aus ihm herauspurzeln. Leider allerdings auch, warum diese Gabe ohne die Leichtigkeit der The Shins-Frühphase und zudem falschen Sound-Outfit trotzdem zu wenig wert ist.
„Cherry Heart zum Beispiel war am Anfang ein absoluter Klischee-Shins-Song. Eine hübsche Melodie, ein bisschen Akustikgitarre. So will ich das einfach nicht zum hundertsten Mal schreiben. Deshalb habe ich im Studio etwas völlig anderes daraus gemacht, und jetzt ist es mein Lieblingssong auf dem Album“ sagt James Mercer über einen flippig hin zum pluckernden Synthierock inszenierter Indiepopsong, der sich im Windschatten von Vorbildern wie The Postal Service genau genommen instrumental keinen Millimeter vom Fleck rührt, aber vom Shins-Boss dennoch immer anstrengender performt wird. Und damit nicht nur von der stilistischen Ausrichtung her – weniger Gitarren, mehr Elektronik – durchaus symptomatisch für Heartworms im Gesamten steht.
Denn wo die grundsätzliche Intention, sich nicht wiederholen zu wollen, absolut verständlich und auch löblich ist, übersieht der 46 Jährige im Grunde doch, dass er für das fünfte Studioalbum seiner Band vor allem Fehler wiederholt, die sich seit der so nachhaltigen Broken Bells-Liaison (destiliert in der Bagatelle After the Disco) durch das Schaffen von Mercer ziehen, und bereits das an Seele eingebüßt habende Einzelsong-Sammelsurium Port of Morrow unter Wert verkaufte: Shins-Nummern haben sich nun über weite Strecken endgültig in den Windschatten der Danger Mouse-Kooperation verschoben und wirken damit durchaus wie Kompositionen, die aus ihrer natürlichen Umgebung gerissen wurden, künstlich verändert einen austauschbaren Charakter angenommen haben, seltsam steril einem gewissen Kalkül frönen, das ohne Niedlichkeit und Charme auskommt.
Das klingt dann im entspannten Dead Alive oder dem marschierenden Painting a Hole, als hätte sich Mercer sich ein Überbleibsel von Reflektor geschnappt, nur um zu zeigen zu können, wie lange dreieinhalb bis fünf Minuten sein können, wenn man sich alleine auf eine (Rhythmus)-Idee verlässt. Besser gelingt die Entwicklung in Rubber Ballz (ein unverbindlicher Ohrwurm ohne nennenswerte Halbwertszeit), dem mit Wilson-Harmonien unterfütterten Name for You, oder der hölzernen, aber romantischen Wish I Was Here-Geste So Now What.
Half a Million vermisst dagegen harmlos die Spannweite der Shins zu den Strokes und Phoenix, ist damit im Ansatz durchaus eine vielversprechende Frischzellenkur, doch bleibt die Nummer letztendlich ohne jedweden produktionstechnischen Druck lieber halbgar der eigenen Vergangenheit verpflichtet, mäandert catchy. Umso bezeichnender irgendwo, dass es Heartworms auch sonst nur bedingt entgegenkommt, sich entlang der Broken Bells-Erfahrungen und -Perspektiven an der eigenen Geschichte zu orientieren.
Das ätherisch treibende Fantasy Island etwa ist grundsätzlich näher dran an alten Shins – wirkt aber dennoch teilnahmslos, ein wenig belanglos plätschernd und trotzdem zwischen den Zeilen angestrengt. Auch dem Titelsong fehlt schlichtweg die Leichtigkeit, die Mercer’s Kompositionen einst auszeichneten; das Gefühl zwischen den Zeilen, das reine Melodieseligkeit und Eingängigkeit alleine nicht aufwiegen kann.
Songwriting und Produktion kommen den Shins diesmal nicht mehr entgegen, was für Heartworms insofern auch in einer Premiere endet: Mercer gelingt inmitten vieler solider, hübscher Beiläufigkeiten diesmal kein einziger tatsächlich herausragender, euphorisierender oder ergreifender Song – das wenig spannende Mildenhall als netter kleiner Schunkel-Gallop lässt das Herz mit seiner Akustikgitarre schon am höchsten schlagen, wenn da doch wieder die Intimität und Nahbarkeit erkennbar ist, in die man sich bei den Shins auch verliebt hat.
Wenn das abschließende The Fear das angenehme zu konsumierende, aber so eindruckslos nebenher dümpelnde Heartworms entlässt, verabschiedet Mercer die versöhnliche (weil konventioneller ausgeleuchtete) zweite Plattenhälfte mit einer unaufdringlichen Sanftheit und entlässt The Shins zumindest vorläufig in eine beliebige Zukunft. Dass Mercer von jedem Song hier gleich eine zweite (Flipped-)Version aufgenommen hat, passt da in der allgemeinen Unentschlossenheit und halbkonsequenten Gangart leider nur zu gut ins Bild.
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