THEESatisfaction – EarthEE

von am 4. März 2015 in Album

THEESatisfaction – EarthEE

Bereits der faszinierend aus allen Rastern purzelnde Vorgänger ‚awE naturalE‚ ließ sich mit seiner originären Herangehensweise an Rap, Jazz, Soul und Pop keinen Strick daraus drehen, dass Stasia „Stas“ Irons und Catherine „Cat“ Harris-White auf Albumlänge an keinem stringent geführten roten Faden interessiert sind. Auch ‚EarthEE‚ gereicht diese lose Freigeistigkeit nicht zum Nachteil.

Das (abseits zahlreicher Mixtapes und etwaiger sonstiger Veröffentlichungen offiziell) zweite Album des in Seattle beheimateten Duos schleppt sich vom ersten Moment an verspult und stolpernd hin zu retrofuturistischen 80ern, die es so nie gegeben hat, zu Synthieflächen und eiernden Neonkeyboards, zu unterschwellig brodelnden Beatgerüsten, zu beschwörenden Rhythmusarbeiten: unmittelbar ist da wieder diese ureigene Atmosphäre aus halluzinogenen Nebelschwaden und einer eigenwillig progressiven Amalgam-Stimmung, die ohne Aufwärmzeit in andere Sphären trägt. Die vorbeitreibenden Melodien werden von Irons und Harris-White eher neugierig beobachtet als konsequent eingefangen, im direkten Vergleich zum Vorgänger wirkt das Konstrukt diesmal gar noch verschachtelter, akribischer. Die Songs dürfen deswegen auch eine Spur länger ausfallen, bleiben aber ähnlich locker aus der Hüfte geschüttelt: Kunstvoll, aber nicht verkopfte Soundinstallationen, die auf konventionelle Strukturen keinerlei Wert legen, skizzenhaft ineinander verankerte Experimente bleiben und eher als ganzheitlicher 43 minütiger Exkurs  zwischen den Stühlen aufgehen, als nahtloser Trip durch ein niemals sprödes Gesamtkunstwerk zu hören sind.

Wenn Sub Pop Hip Hop (nun ja, eben im weitesten Sinne) forciert, dann muss er genau derart eigenwillig sein – das weiß man bereits von den kaum weniger großartigen Shabazz Palaces, und da macht es nur Sinn, dass die Labelkollegen auch auf ‚EarthEE‚ wieder prominent vertreten sind. ‚Blandland‚ leuchtet seine verträumte Lounge so in zwielichtigen Psychedelic-Farben aus, Ishmael Butler rapt sich dazu transzendierend durch ein bedächtig fließendes Meer aus geloopten Orgelklängen. ‚Sir Come Navigate‚ klingt dagegen mit der anderen Palaces-Hälfte auf der Feature-Liste, als hätte man einen Dark Ambient-Score von The Haxan Cloak mit zusätzlichen Beats aus der Verzweiflung erweckt, nur, um ihn danach von Tendai Maraire mit einer Wagenladung Narkotika ruhig stellen zu lassen. ‚Recognition‚ hievt das kongeniale Label-Gespann dann gemeinsam mit Erik Blood irgendwo ins Spannenungsfeld aus World Music und dystopisch pulsierender Zukunftsmusik, den Titelsong der Platte gibt es dazwischen als schiebenden Seelenstreichler mit weichen Konturen.

Aber eben: die theoretischen Grenzen zwischen hypnotischen Klanggeflechten (‚Fetch/Catch‚), perkussiven Soul (‚Planet For Sale‚), triphopigen Boards of Canada-Anlehnungen (‚Universal Perspective‚) Flying Lotus-tauglichen Saxofonelegien (‚Post Black Anyway‚) und entspanntem Future-Free-Jazz (‚No GMO‚) verschwimmen hier spielerisch ohne Schweißnähte. Der betörende Flow steht dabei im zweiten Anlauf noch deutlicher über allem: Wo ‚awE naturalE‚ vor allem in seiner Eingangsphase zumindest noch in Aussicht stellen wollte mit einer ungewissen Zugänglichkeit eventuell entgegenkommen zu können, ist ‚EarthEE‚ quasi das auf dieser Einleitungsrunde aufbauende Upgrade der THEESatisfaction’schen Vision, das keine Rücksicht mehr auf ein langsames Herantasten an seine Ziele nehmen möchte, sondern unmittelbar in seine bezaubernden Welten einzutauchen pflegt; ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dabei zu weit hinauszuschwimmen oder dass einige handfeste Augenblicke der Platte und dem zwingenderen Spannungsbogen zusätzlich in die Karten gespielt hätten. Das passt aber durchaus so: Eine faszinierende Expedition, die THEESatisfaction da wieder anführen – wenn auch ohne wahrnehmbares Ziel, abseits davon, sich in dieser Trance zu verlieren.

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