Voxtrot – Cut from the Stone: Rarities & B​-​Sides

von am 1. August 2022 in Compilation

Voxtrot – Cut from the Stone: Rarities & B​-​Sides

Dass Voxtrot auf Cut from the Stone: Rarities & B​-​Sides ausgerechnet das Highlight They Never Mean What They Say vergessen (…) haben, ist natürlich unverzeihlich, doch macht dieser Fauxpas eine tolle Sammlung von Nebenschauplätzen und bisher unveröffentlichtem Material kaum weniger willkommen.

Leider keinen Anspruch auf Vollständigkeit  stellend (und damit auch frustrierend viel Potential liegen lassend) ist Cut from the Stone: Rarities & B​-​Sides trotzdem die essentiellere der beiden Compilation, die Voxtrot im Zuge ihrer Reunion zusammengestellt haben: Early Music vereint schließlich „nur“ die zwei EPs Raised by Wolves und Mothers, Sisters, Daughters & Wives – und die gehören beide bekanntermaßen ohnedies in jede gut sortierte Indie-Sammlung.
Bei Cut from the Stone besteht allerdings eben die Möglichkeit neben bisher übersehenen Schmuckstücken auch „neues“ zu entdecken: Wie Voxtrot etwa einen eilig treibenden Signature Song wie das mit immer neuen hungrigen Impulsen aufblühende Kindergarten seinerzeit in die Mottenkiste stecken konnten, bleibt ebenso erstaunlich, wie das späte Auftauchen der so dringliche wie sphärische Parade-Single Fifteen Minutes. Diese kann man bisher beispielsweise nur in der erst unlängst vollendeten Ramesh-Version als Wilderness of the Heart kennen, obwohl das aus den Archiven geholte Stück aus einer Zeit nach dem Debütalbum stammt, in der Voxtrot sich zu neuen Hochphasen aufzuschwingen schienen – bevor die Band plötzlich implodierte.

Nachzuhören auch in der überragenden 2009er-Single Berlin Without Return, diesem über einer deutschsprachigen Unterhaltung einsetzenden, sanft-orchestral ausgeschmücktem kleinen Hit mit weichen Arrangements, der sich im Windschatten der Ohrwurm-Schleuder Voxtrot direkt vor dem Split zu einem potenziellen Lieblingssong des texanischen Quintetts entwickelte.
Zu verschiedenen Gelegenheiten von unterschiedlichen Produzenten betreut aufgenommen, sind die so luftig und zwanglos inszenierten, fast nebensächlich, unaufdringlich und unspektakulär wirkenden Nummern jedenfalls mehr als nur ein nostalgischer Trip der Superlative, sondern Zeugnis der Klasse dieser so gern übersehenen und unterschätzten Band.
Der locker leicht skizzierte, schüchtern jangelnde Trademark Sound des liebenswürdigen Whiskey & Water ist jedenfalls ebenso entwaffnend wie die auf eine Gitarre reduzierte Kassetten-Demo des gefühlten Quasi-The Smiths-Tributs The Start of Something oder die nonchalant-catchy klimpernde Instant-Sympathie Your Biggest Fan (Demo). Loan Shark schlängelt sich mit betörend naiver Gitarren und Streicher-Begleitung zu seinem stampfenden Ausbruch in den melodisch-malerisch schwelgenden Rock und das abschließende Dirty Version ist als ruhig bimmelnder, elegischer Eskapismus eine verträumte Miniatur mit Jennifer Moore an den Lead Vocals.

Und sicher gibt es auch weniger essentielle Passagen. The Dream Lives of Ordinary People poltert etwa mit toller The Cure-Postpunk Ästhetik, seinen shoegazenden Schleier nur kurz abstreifend, findet dabei aber nicht auf Punkt und lässt seine finale Ausgelassenheit drucklos erscheinen.
Selbst dem relativen Schwachpunkt Warmest Part of the Winter, der entspannt in der Melancholie heulend einen dösenden Groove pflegt, kann man eigentlich nur vorwerfen, dass die zwanglos inszenierte Nummer mit 6 Minuten Spielzeit zu lange um seine Hooks und Melodien plätschernd mäandert und dem Gesamt-Spielfluss ein wenig an Dynamik nimmt: Tatsächlich schlechte Songs schreiben konnten Voxtrot einfach nicht, wie man spätestens jetzt mit Sicherheit weiß.
Selbst (nein, eigentlich: gerade!) wenn die aktuelle Reunion es also bei einer Tour durch die Vergangenheit belassen sollte und keine neuen Erkenntnisse abwirft, dann ist alleine Cut from the Stone eine wunderbare Erinnerung daran, dass der Zusammenschluss von Ramesh Srivastava, Mitch Calvert, Jason Chronis, Jared van Fleet und Matt Simon auf ewig einen besonderen Platz im Indie-Herzen behalten werden.

Print article

Kommentieren

Bitte Pflichtfelder ausfüllen