Belly – Dove

von am 6. Mai 2018 in Album

Belly – Dove

Dove könnte praktisch kaum ein besseres Rückenwind-Momentum genießen: Erst 2017 erinnerten Courtney Barnett und Kurt Vile auf dem feinen Lotta Sea Lice mit einer Verneigung vor Untogether ziemlich brillant daran, welche unscheinbare Rohdiamanten Belly den 90ern geschenkt hatten, während spätestens die famose Breeders-Rückkehr All Nerve durchaus die Frage aufwarf, was Kim Deals alte Kumpanin Tanya Donelly derzeit so treibt.

Auch dank eines gelungenen 90s-Revivals in den vergangenen Monaten rund um Slowdive, Ride und Co. fehlen Belly für ein gelungenes Comeback satte 23 Jahre nach ihrem letzten Studioalbum King insofern eigentlich nur noch die richtigen Songs, um die Gunst der Stunde zu nutzen. Doch gerade an diesem Punkt geht Dove nach einen schüchtern-überzeugenden Beginn relativ bald  absolut ernüchternd die Puste aus.
Was weniger an der befreienden Einsicht der Platte zu tun hat, nicht zwangsläufig neue Beinahehits ala Feed the Tree abwerfen zu müssen, sondern eher schon mit der grundlegenden Ausrichtung von Dove entlang Donnellys Soloschaffen zu tun hat: Belly schwelgen auf ihrem Drittwerk mit kontemplativen Tempo in einer sanftmütig aus der Elegie abgetauchten Melodramatik, verwechseln angenehmen Seelenbalsam jedoch zu oft mit dümpelnder Fadesse. Die elf adretten Songs orientieren sich schließlich zu austauschbar an konventionelleren Bahnen und besänftigen den Alternative Rock von einst mit nostalgischem Wohlfühlfaktor hin zum Dreampop, was den schräg-schrulligen Hang der Throwing Muses oder die Kantigkeit der Breeders durchaus vermissen lässt.

Die ruhiger agierenden Gehörgangschmeichler der Band gehen mit ihrem Gespür für weiche Melodien und charmante Hooks so zu Beginn allerdings auch unmittelbar ins Ohr. Mine eröffnet psychedelisch angehaucht, ist ein schöner, unspektakulärer Start, der sich wie ein unpeinlicher Soundtrackkandidat in eine imaginative 90er Coming of Age-Serie platziert, während die mit vager Kula Shaker-Schlagseite die Hypnotik skizzierende Single Shiny One einen wunderbar aufblühenden Refrain findet, der trotz opulenter Größe die Gitarren dominieren lässt.
In dieser besten Phase von Dove fällt es noch nicht derart stark ins Gewicht, doch bereits hier vertändeln sich Belly in einer einnehmenden Harmlosigkeit, weil sich selbst diese frühen Highlights der Platte mit Spielzeiten von durchschnittlich 5 Minuten viel zu ermüdend in die Länge gezogen gestrickt ausbreiten: Sogar eine an sich okaye Vorzeigenummer wie die stramm am Schlagzeug ausgerichtete Beschwörung Human Child besticht so zwar mit seiner einnemehnden Melancholie, verliert sich ohne jegliche Prägnanz oder zwingende Zielstrebigkeit jedoch in einer frustrierenden Langeweile.

Dazu forciert Dove nach dem guten Refrain des ansonsten beliebig unkonkreten Faceless sowie der intim gemeinten, aber nur oberflächlich berieselnden Soul-Emotionalität Suffer The Fools gerade im Mittelteil um nette Bagatellen wie dem enorm trögen Quicksand, dem scheinbar endlos um den Punkt herumeiernden Girl (ein knackiges Gitarrensolo bleibt leider bloße Ahnung) oder dem erfreulich kompakt agierenden Stars Align viel zu viel Leerlauf; Belly geben mit brav berieselnder Nebensächlichkeit primär unessentiellem Material Raum sich zu entfaltet. Nicht einmal die mitunter sinister-verdächtige Grundausrichtung von Army of Clay kann seine vielversprechende Grundidee so in einen ansatzweise packenden Song ummünzen, der sich irgendwann aus der austauschbar konzipierten Straßenmitte bewegen würde. Dove erschöpft sich in seinem homogenen Spielfluß insofern mit einer latenten Beliebigkeit und plätschert schon noch kurzer Zeit enervierend vor sich her.
Vereinzelte Streicherarrangements sorgen dazu im Verbund mit der generell zahnlos-schimmernden Weichzeichner-Produktion dafür, dass die zärtliche Süßlichkeit der Platte endgültig Richtung penetrant verdaulicher Unverbindlichkeit kippt, all der Wohlklang zähflüssig übersättigt und mit jeder Minute mehr zum unnötigen Ärgernis wird, dem auch ein gelungener Schlußpart nicht mehr retten kann.
Für mehr Dynamik sorgende Ideen wie die liebenswerte Country-Färbung von Artifact bleiben immerhin leider Mangelware, selbst die versöhnliche Miniatur Heartstrings kann den irgendwann nur noch gefällig im Hintergrund stattfindenden Gesamteindruck höchstens marginal nach oben korrigieren. So traurig dies mit den Erinnerungen an die bittersüßen Stärken von Star und King auch sein mag: Dieses durch und durch handzahme Täubchen von einem nicht unsympathisch anachronistischen Album tut niemandem weh, kann zu kaum einem Zeitpunkt die Aufmerksamkeit aktiv fesseln. Vielmehr haben Belly ihr nicht zwangsläufig schlechtes, aber herzlich egales Comeback derart durchschnittlich dressiert, dass es den ehemaligen Stellenwert der Band wohl schneller vergessen lassen wird, als es die jahrzehntelange Auszeit der Band tat.

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