Chat Pile – Tenkiller Motion Picture Soundtrack
Chat Piles unerbittlicher Noiserock hatte durch die als Gesang getarnten Hasstiraden und nihilistische Monologe von Frontmann Raygun Busch immer schon auch etwas cinematographisches. Dass die Band nun mit Tenkiller ihre erste Soundtrack-Arbeit veröffentlicht hat, sollte insofern nicht vollends verwundern.
“The music we made for Tenkiller is quite a bit different than what you may come to expect from us. We were given the freedom to really experiment and explore territories that we’ve never done before. It’s not going to be for everyone, but we hope some of you connect with what we set out to do.” geben Chat Pile über das im Winter 2020 geschriebene und aufgenommene Material von Tenkiller vorab aufklärend zu Protokoll, führen gleichzeitig aber auch auf eine falsche Fährte: die beiden einzigen auch in physischer Form erhältlichen, auch als Vorboten herhaltenden Songs – nämlich das aufregend atypisch im lockeren Country und Americana Rock verortete Lake Time (Mr. Rodan) sowie das sich apathisch schleppende Titelstück, das so auch auf God‘s Country nicht deplatziert wäre – sind nur bedingt repräsentativ für den Score.
Einen Gutteil des digitalen (vorerst exklusiv auf Bandcamp veröffentlichten) Werkes bestimmen Noiserock-Fetzen, die wie instrumentale Skizzen potenzieller Album-Songs anmuten. Wie etwa TAH, der stoische Godflesh-Groove von The Fabulous Shitheads, die massiv hämmernden Drums mit düsterer Grunge-Vibe in QUAH oder im in lethargischer Wucht schleichenden Ok.
Es gibt unweit davon zahlreiche unangenehme, ambientschwangere Klangfragmente mit perlussiven Baustellenlärm wie das unbehaglich flimmernde Badman oder den Drone The Return of Badman, in dem verzweifelt über die klopfende Handarbeit geschrien wird und trotz manischen Gebrüll aus dem Hintergrund alles somnambul pumpt. Badman 3: Die Badman Die ist so ein Radiatorenbackground wie Alexis Marshall ihn mag und B4dm4n kehrt den Schutt klackernd zusammen, während Badman V: A New Beginning vor der industriell kargen Tristesse klopft und knarzt. Der rote Faden ist dabei nicht nur angesichts der Titelvergabe immanent.
Dad’s Drunk bimmelt wie ein halluzinogener Traum im abseitigen Delirium und Bleeding Out verfällt in die maschinelle Trance. Ähnlich wie Lake Time (Mr. Rodan) steht LE als düsteres Geschrammel in zurückgelehnten Roadhouse Rock ganz ausgezeichnet, ebenso das nachdenkliches Gitarrengeplänkel Kids, das irgendwann vielleicht auch John Frusciante oder Thurston Moore gefallen hätte, oder die traurige kleine Miniatur Beck’s Theme, derweil Punishment Box wirkt, als hätte man fauchenden LoFi-Grindcore aufgenommen und mit einer sich in Zeitlupe bewegenden Rhythmussektion inszeniert.
Allesamt sind das kurze atmosphärische Szenen, die unmittelbar die patentierte Chat Pile-Atmosphäre kreieren, aufgreifen und selten auch weiterdenken, aber darüber hinaus eben auch nie wirklich die erfüllende, geißelnde Bedingungslosigkeit des regulären Materials erreichen. Viel eher ist Tenkiller ein Nachhall, um in Erinnerungen an God’s Country zu schwelgen.
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