Demonio – Acid Rain

Demonio haben mit Acid Rain im weitesten Sinne zum dritten Mal die selbe Platte aufgenommen. Was im engmaschigen Genre-Netz absolut okay ginge – wäre den Italienern nur nicht unterwegs irgendwo der Scherer abhanden gekommen, schlüssige Songs zu Ende zu denken.
Sicher waren Anthony (Guitars/Vocals), Paolo (Drums) und Matteo (Bass) schon bei Electric Voodoo (2021) und Reaching for the Light (2023) nicht sonderlich verbissen, was einen analytisch ausgefeilten Zugang zu jedem Material angeht, dass sich ihnen in mutmaßlich substanzfreudigen Jam-Sessions anbot.
Doch da verstanden es die grundlegenden Ideen ihrer eingefangenen Musik doch um das Quäntchen zwingender zu packen, sie blieben ein klein wenig besser hängen und wurden vor allem zu einem schlüssigeren Gesamtpaket gebündelt. Alleine Dopelords und das relativ deckungsgleiche Hell‘s House (sowie später nicht nur das ausfasernde Jam for the Blood Sun, das seinem Titel entsprechend als Trip gut funktioniert, aber auf Tonträger ohne Spannungsbogen fahrig wirkt, sondern streng genommen praktisch jedes einzelne verdammte Stück der Platte) lassen schließlich auch die Beschwerde zu, dass Demonio ihren Songs bisher zumindest halbwegs runde Abschlüsse gegönnt haben, anstatt ihnen einfach unmotiviert den Saft abzudrehen.
Im typischen Programm aus coolem Fuzz, trocken Riffs und einer abgehangen groovenden Rhythmussektion kommt der Heavy Psych Rock und Acid Doom Rock des Trios zwar immer noch zur Geltung, selbst wenn nicht alles derart Hand und Fuß hat wie die generische Proto Punk-Schlichtheit des Titelsongs. Sowohl wenn das herrlich funky-bluesige Satan‘s Haze stellvertretend für eine gewachsene Hendrix-Faszination steht oder No Time No Space mit Beruhigungsmittel gen Kyuss (wobei: eher am Strand als in der Wüste!) und Comets on Fire (wobei: komplett versifft neben der Spur!) jede Heaviness zugunsten einer beschwingten Relaxtheit drosselt. Die Effekte auf dem Gesang sind da ausnahmsweise fast zurückhaltend, das Wah-Wah-Solo dafür umso weniger, zumal die Nummer auch noch schmissig an Fahrt aufnimmt.
Exemplarisch für den Zustand von Acid Rain ist aber eben auch der instrumentale Closer Maha Kali, der ohne Ziel ein rudimentäres Stimmungsbild abgibt und sich sich gleich vollends von konventionellen Formen löst. Einfach mal losspielen und schauen was passiert – wenn die Muse abhanden oder kein Geistesblitz kommt, zieht man einfach die Reißeine und probiert mit der nächsten Momentaufnahmen-Demo weiter.
Insofern ist Acid Rain eine ambivalente Angelegenheit. Wo der instinktive Sound nur im Opener zu dünn und ausgemergelt arbeitet, und die generelle Veranlagung der Ästhetik mit einem zeitschindenden Mäandern hier und dort danach schreit, um die Nuance räudiger, gefährlicher und exzessiver auszuscheren, schreibt die Band immer noch lässige Riffs (auch wenn es diesmal oft reichen muss, diese endlos zu repetieren, derweil das Drumherum keine Ahnung hat, wohin es sich entwickeln soll) und lässt die Bestandteile ihres dritten Studioalbums nach der durchwachsenen Anfangsphase mit der richtigen Atmosphäre immer besser ineinandergreifen.
Die im Kern sofort überzeugenden und in der richtigen Stimmung vorbehaltlos wachsenden, immer wieder viel Szene-Klasse andeutenden 31 Minuten entlassen nüchtern betrachtet insofern mit dem Gefühl, dass sie im Entstehungsprozess nicht zur gewohnten Demonio-Qualität heranreifen konnten, mit etwas mehr Zeit aber auch das bisher beste Album der Gruppe hätten werden können.
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