DIIV – Oshin

von am 30. Juni 2012 in Album

DIIV – Oshin

Zachary Cole Smith gelingt der Sprung in vorderste Dreampoprock-Riege nicht aus dem Stand heraus, sondern mit Anlauf über sein Engagement bei Beach Fossils und das prägende Umfeld seiner Labelheimat Captured Tracks.

Oshin‚ ist so sehr Genrealbum geworden, wie das nur möglich ist. Dass sich das Sehnsuchtsexperiment „Band nach eigenen Wunschvorstellungen“ für den New Yorker nicht zu weit von seinem Job als Gitarrist der Beach Fossils wegführen würde, um gemeinsam mit Devin Ruben Perez, Andrew Bailey und dem ehemaligen Smith Westerns Schlagzeuger Colby Hewitt dem zu fröhnen, was bei nahezu allen Blogs und fachkundigen Magazinen zwischen Twee- und Dreampop, C86 und Lo-Fi-Shoegaze für Seitenschrascheln und gestiegenen Zugriffszahlen geführt hat, war nach dem Hype um die Vorabergüssee ‚Human‚ und ‚Sometime‚ schnell klar. Verträumte Gitarren, die markant den Weg weisen; abgeschwächte Drums, die unermüdlich antreiben; Unterwasserbässe für die keine Gegenwehr duldende Dichte; frei schwebende Keyboardteppiche  – und die hallende Singstimme zwischen den Welten: alles da, was die Szeneelite vorgeschrieben hat, um sich zwischen den Labelkollegen von Dum Dum Girls, Ganglians, Wild Nothings und Veronica Falls prächtigst zu amüsieren.

Wenn man ‚Oshin‚ hingegen etwas vorwerfen will, dann nicht, dass DIIV hier grundsätzlich wenig anders machen, als die etablierten Kollegen, denn das ist bei diesen Kompositionen schlicht egal, sondern, dass nicht jeder Song an die clever platzierten Höhepunkte der Platte anknüpfen kann. Aber: kleine Geniestreiche wie die beiden bekannten Singles sowie vor allem das majestätische Albumhighlight ‚Doused‚ schreibt man eben nicht alle Tage – und weil der Rest trotzdem noch spielend über dem Durchschnitt schwebt, ist ‚Oshin‚ eine jener Platten geworden, denen man keinen Innovationspreis verleihen muss, um sie als das, was sie sind bedingungslos gutzufinden: versiert an den Stärken des jeweiligen Genres geschulte Hitsammlungen mit Substanz. Und Substanz, davon hat ‚Oshin‚ eben jede Menge.

Etwa, wenn DIIV in den beiden ‚(Druun)‚-Intermezzi rein instrumental gen Krautrock drücken, ‚Air Conditioning‚ mit seinen doppelläufigen Gitarren am Country vorbeischrammt, ‚Wait‚ zärtlich am Noise sägt oder ‚Past Lives‚ seinen Gesang unter derart vielen Schichten vergräbt, dass man da lange nicht mitbekommt, was für ein Ohrwurm das eigentlich ist. Wie eigentlich beinahe alles hier, da braucht noch nicht einmal jeder der dreizehn Songs klare Konturen, scharfe Kanten, geplante Strophen oder sich zuspitzende Refrains. Stattdessen treibt ‚Oshin‚ unter seiner wunderbar dichten, frei atmenden Produktion in kristalliner Schönheit hinter seinen nachdrücklich die Richtung vorgebenden Saiteninstrumenten her, jede der vierzig Minuten geht in betörender Atmosphäre auf, in einem hymnischen ausgerichtet Meer aus Hall und Melodien. Wer sich für diese Art von Musik begeistern kann, hat hier eventuell seine Platte des Jahres gefunden – alle anderen zumindest die Bestätigung, dass manche Alben dem gewaltigen Hype um sie herum letztendlich einfach standhalten können.

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