Iron & Wine – Ghost on Ghost
Der so sanftmütige wie melancholische Lagerfeuer-Folk von ‚The Creek Drank the Cradle‚ und ‚Our Endless Numbered Days‚ ist auf dem fünften Iron & Wine-Album unter der Oberfläche immer noch spürbar – auf ‚Ghost in Ghost‚ fährt Sam Beam mit Unterstützung von Mitgliedern des Tin Hat Trios, der Jazz Passengers, von Sex Mob sowie der Bands von Bob Dylan und Antony And The Johnsons jedoch noch weicher durch sonnengeflutete Songs ohne Scheuklappen als bisher.
Die sanfte Stimme des 38 jährigen Amerikaners, sie fliegt wieder durch anmutige Kompositionen voller anmutiger Eleganz, gedankenvollem Wehmut und berührender Schönheit – allesamt aus den einengenden Vorstellungen ausbrechend, die man der One Man Show Iron & Wine angesichts deren Frühphase als Korsett aufzwingen hätte können. Der Weg führt wie schon ‚The Shepherd’s Dog‚ und ‚Kiss Each Other Clean‚ weg von der Einsamkeit der ersten beiden Studioalben, nicht aber zwangsläufig von deren Intimität. ‚Ghost on Ghost‚ ist so wieder ein freundliches und weltoffenes Album geworden, vor allem aber eines, dass sich Einflüssen noch weitaus weniger verweigert, als die beiden ohnedies schon kontaktfreudigen Vorgänger es taten.
Folkkleinode wie das leicht countryeske ‚Winter Prayers‚ gehen sowieso runter wie Öl, näher dran an Jim James und My Morning Jacket als im verträumten Wiegenlied für die Liebe ‚Joy‚ war Beam noch nie. ‚The Desert Babbler‚ ist ein am Pop der 50er und 60er geschulter Melodiereigen mit noch größeren „Ahhh„und „Oooh„-Chören in der Auslage als sonst überall auf dem harmoniesüchtig arrangierten ‚Ghost on Ghost‚, was das fluffige ‚Grace For Saints And Ramblers‚ jedoch nicht wahrhaben will. ‚Grass Widows‚ zieht seine Kraft aus einer warmen Soul-Orgel und immer wieder formuliert Beam diesmal eine untrügliche Zuneigung für die 70er und äußerst geschmackvollen Softrock; vielleicht sogar geschickter als jeder andere Songwriter aus der Folkecke es seit dem zweiten Bon Iver–Album versucht hat. Vor allem aber: nicht nur die unter den Anfeuerungsrufen der so unheimlich gefühlvoll aufspielenden Backingband immer weiter in eine spannungsgeladene Hektik heineinsteigernde Vorabnummer ‚Lover’s Revolution‚ hat dabei eine gehörige Portion New Orleans-Brass und Jazz inhaliert – diese Ingredienzen sind viel eher Stützpfeiler von ‚Ghost on Ghost‚.
Das smooth groovende ‚Low Light Buddy Of Mine‚ geht in die selbe Richtung und schon ‚Caught In The Briars‚ zeigt als Opener die Faszination von Beam für leicht entrückte Rhythmen, bevor der Song aus der eingängigen Popnummer lieber gleich den stilvollen Lobby-Jazz macht. Spätestens aber wenn das einnehmende, wehmütige ‚Baby Center Stage‚ streicherverhangen und bläsergestützt mit ausladenden Arrangements das zurückgenommene Breitwand-Szenario in heimeliger Atmosphäre formuliert wird klar, dass Beam hier weniger grundsätzliches anders macht als bisher – er versteht es eben nur, mit geschickten gesetzten Akzenten und wohlüberlegten Umdekorationen seinem Folkpop stetig neue Facetten abzugewinnen, auch, wenn sich ‚Ghost on Ghost‚ dabei trotzdem immer wieder ein klein wenig im reinen Schönklang zu verlieren droht. Trotzdem gelingt Iron & Wine nicht nur das Kunststück im Gegensatz zu vielen Kollegen stets auf gefällige Art einnehmend zu bleiben, sondern auch der Spagat eine Platte abzuliefern, die man ebenso als Konsens im Hintergrund laufen lassen kann, wie sich bei nächstbester Gelegenheit darin zu verlieren.
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