Kele – The Singing Winds Pt. 3

Das aus Lockdown-Spaziergängen entstandene Elemente-Projekt hat sich längst aus der Pandemie in den zurückgekehrten Alltag gerettet. The Singing Winds Pt. 3 grätscht seinen Vorgängern dort zwar titeltechnisch ins Getriebe, findet sonst aber zu den Stärken der Anfänge zurück.
Nach dem extrovertierten und gleichzeitig enervierenden The Flames Pt. 2 von 2023 spannt Kele mit The Singing Winds Pt. 3 durch eine subtilere Vorgehensweise den Bogen in aktiven Bloc Party-Zeiten ein gutes Stück weit zurück zu The Waves Pt. 1, wobei der grundlegende MO des Projekts auch jenseits der zwangsweisen Corona-Isolation der selbe bleibt: Okereke beschränkt sich auf seine Stimme und Gitarren, Effektpedale und Indietronica-Beats samt dezenten Synth-Ahnungen, die am Laptop sorgsam verschraubt wurden.
Alles ist sparsam und zurückhaltend inszeniert, der Indierock seiner Stammband könnte nunmehr jedoch für viele Ideen Pate gestanden haben, auch wenn (wie beispielsweise in Libra Aquarius Gemini ) die EDM-, Club- und House-Liebe des Briten immer wieder zum Tragen kommen – allerdings durch einen minimalistisch gehaltenen Schleier betrachtet. Ein Setting, das Keles immer noch toller Stimme nicht nur per se steht, sondern diesmal auch ansatzweise wieder in besserem Songmaterial als zuletzt mündet.
Das entschleunigt treibende Money Trouble konkretisiert seine Essenz im Appendix Day and Night, Kintsugi groovt beinahe funky. Breathless kann abseits seiner Kinderstimmen mit einer gelungenen Hook Akzente setzen, das ambiente Intermezzo The Legend of Archie and Lilibet baut Stimmung auf, wenngleich ziellos verpuffend. Und das letztlich schön schimmernde Holy Work setzt auf eine Melodie, die Kele geschätzt schon dutzende Male für Bloc Party verwendet hat, markiert aber doch einen atmosphärischen Schlusspunkt.
In einer grundlegenden Ambivalent sind es frustrierenderweise dennoch auch die zahlreichen Mankos, die im Verlauf von The Singing Winds Pt. 3 hängen bleiben. Der Vibe an sich ist sicherlich stets einnehmend, catchy. Die Substanz hinterlässt aber selten einen wirklich prägnanten, packenden Eindruck. Die Resultate wirken oft wie nicht zu Ende gedachte Cut-and-Paste-Arbeiten entlang formelhafter Strukturen, wo die Platte zudem als Ganzes nirgendwohin findet, keinen aktiv fesselnden Spannungsbogen hat und gefällig vor sich her plätschert.
Dazu kommt eine schwache, höhepunktlose Präsentation (der „Here comes the lightning“-Part in Born Under a Lightning Sky etwa könnte euphorisch zur Klimax ausbrechen, untertaucht diese jedoch als Schatten seiner selbst im Mix komplett egal und blass unterwältigend und die Neigung von Kele, immer wieder (sei es durch überkandidelte Intonationen oder Texte, die auch hier manchmal die Tinder-verbrannte Midlife Crisis eines hormongesteuerten Jugendlichen einzufangen versuchen – vgl. das ziemlich aufdringliche The Arrangement) zu Szenen zu neigen, die dann weitestgehend wohl in die Cringe-Ecke gehören.
So fühlt sich The Singing Winds Pt. 3 deswegen mehr als alles andere wie ein Sammelsurium aus verpassten Möglichkeiten an, das womöglich durch eine (ohnedies nur fraglich mögliche) kreative Reibung im Bloc Party-Kontext weitaus ergiebiger abgeschöpft hätte werden können. Dennoch reicht es als Solo-Album bei der Bewertung zum Aufrunden zwischen den Punkten. Obgleich absehbar ist, dass sich die (relativ kurzweiligen) 36 Minuten hier ebenso unverbindlich im Rückspiegel verlieren werden, wie es jenen von The Waves es ergangen ist.
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