Margo Price – Strays

von am 22. Januar 2023 in Album

Margo Price – Strays

Wie schon Nikki Lane zuletzt holt sich nun auch Margo Price Unterstützung von außerhalb der naheliegenden Country-Szene: ihr viertes Studioalbum Strays hat sie mit Jonathan Wilson aufgenommen.

Wilson hat sich abseits einer formidablen Solokarriere ja längst als geschmacksicherer Produzent einen Namen gemacht und bereits Werken von Father John Wilson, Angel Olsen oder Lana Del Rey gutgetan – sein aus der Vergangenheit schwebender Vibe schmeichelt nun auch der zuletzt ja einigen Cover/Single/etc.-Müßiggang folgenden Price, gerade, nachdem That’s How Rumors Get Started 2020 ja nicht bedingungslos zu begeistern wusste. Wilson öffnet den Sound und die stilistischen Möglichkeiten von Price, obgleich, so unaufdringlich die Produktion ist, sie sich niemals anfühlt, als würden die Beteiligten tatsächliche Risiken eingehen, wenn sich die 39 jährige ein wenig weiter aus dem Fenster lehnt, streunt, sich im Americana und Heartland Rock wohler denn je fühlt, vor allem auch so viel Pop wie nie zuvor zulässt, und sechs Jahre nach All American Made wieder Platz auf der Gästeliste macht – symptomatisch Einladungen aussprechend, die weniger naheliegend sind als Willie Nelson oder The McCrary Sisters dereinst.

Im kurz-kompakten Radio lässt Sharon Van Etten Price mit dem minimalistisch pluckernden Elektro-Pop experimentieren, um den Refrain für die große Geste aufzudrehen, derweil im mit nonchalanter Theatralik klimpernden Soul des anachronistisch beschwingten Anytime You Call Lucius für ein einladendes Spektrum sorgen. Noch besser ist da nur das Album-Highlight Light Me Up, in dem der ehemalige Heartbreakers-Gitarrist Mike Campbell die aus der Intimität heraus erwachende, folkige Akustik-Beschwingtheit mit Wilson als freistehendes Solo einer psychedelisch angehauchten, unbeschwert progressiv aus den 70s abhebenden Welt interpretiert.
Überhaupt hat das Songwriting von Price und ihrem Gatten Jeremy Ivey nicht nur eine schöne Bandbreite, sondern auch ein hohes Niveau – markanter und nachhaltiger als zuletzt. Das süße Time Machine bimmelt etwa unbeschwert in einem liebenswerten Groove, Hell in Heartland ist smoother Alt.Country-Rock mit subtil-tragischem Beigeschmack, der am Ende unverbindlich verglühend aufs Gaspedal tritt, und der versöhnliche Closer Landfill ist symptomatisch warm, weich und angenehm.

Oft findet Strays im gewachsenen Spielraum aber auch nicht restlos zwingend zum Punkt.
Latent frustrierend ist das aber nur im zurückgelehnt rockenden Opener Been on the Mountain (dessen sanfter Soft-Hardrock synthetisch geschmückt subtil orgelnd mit aufbrausenden Vocals stets so kontrolliert bleibt, wie ein handbremsengezogenes Aufbauen von Spannung ohne loslassenden Klimax – da kann die zu weit im Hintergrund gemixte Gitarre hinten raus noch so ambitioniert solieren) und dem anknüpfenden bluesig abgedämpften Change of Heart, dass die Intentionen der Mainstream-Black Keys verpuffend transportiert.
Auch anderswo mäandert das theoretisch plotgetriebene Storytelling – gerade in den beiden ausführlichen Herzstücken Country Road (wo eine leicht sentimentale Aufbruchstimmung am Klavier samt wehmütiger Pedal Steel ein Flair wie  Joni Mitchell bei Fleetwood Mac erzeugt) und Lydia (eine bedächtige Akustikgitarren-Nummer mit sinfonisch schwelgenden Texturen für eine ergreifende, tragische Beobachtungen im drogenverhangenen Abgrund vor Abtreibungskliniken). Doch funktioniert die Atmosphäre und Tiefenwirkung der Platte hier als homogenes Kaleidoskop durchgehend einnehmend: das Motiv der Liebe als finales Conclusio und Leitmotiv hält Strays elegant zusammen und den Horizont verführerisch offen.

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