Morgan Wallen – One Thing at a Time

von am 10. Mai 2023 in Album

Morgan Wallen – One Thing at a Time

Morgan Wallen mag man in hiesigen Gefilden wohl vor allem aus dem Feuilleton kennen, weil er mal keine „Gedanken an Rassismus verschwendet“ oder zu besoffen stimmlich angeschlagen ist, um Konzerte zu spielen. In den USA ist er aber ein absoluter Megastar – der mit seinem dritten Studioalbum One Thing at a Time verkaufstechnisch sogar Metallica aussticht.

Man mag zum polarisierenden 30 jährigen stehen, wie man will – was man dem Mann aus Sneedville (nun jedoch noch überdeutlicher als bereits bei Dangerous: The Double Album von 2021) vorwerfen muss, ist, dass er zu einer Generation gehört, die das Prinzip Album gegen den enervierenden Drake‚esken Trend eingetauscht hat, mittels überlanger Clusterfuck-Songsammlungen Streamingportale zu fluten, um Aufmerksamkeit zu generieren: One Thing at a Time fährt 36 Tracks über 112 Minuten auf, schafft aber im Vergleich zu American Heartbreak den Spagat zwischen Quantität und Qualität in keiner Weise.

Konzentriert sich Wallen mit seiner quakenden Stimme auf den Country, wirft das im Verlauf zwar durchaus einige gelungenen Nummern (wie etwa die durchaus okayen Stücke Devil Don’t Know, 98 Braves, Tennessee Numbers, Thought You Should Know, Money on Me oder Don’t Think Jesus) ab, dazu gesellt sich Dutzende durchschnittliche Egalitäten, die (ob nun die soften 80er missverstehend wie im Titelstück oder wie in dem den Sommer auf der Yacht verbringen wollenden Hope That’s True) an sich angenehm nebenher im Hintergrund laufen würden, ohne irgendwie geartete Emotionen zu wecken, dabei aber vor Klischees nur so triefend mit eindimensionalen Perspektiven an den vorschlaghammerartig geschwungenen inszenatorischen Schwächen der Platte kranken: Die Übersättigung an kantenlos zum Mainstream Pop produzierten Bro-Country-Songs voller glattgebügelter Baukasten-Formeln und moderner Mode-Geschmacklosigkeiten für einen besonders breit-barrierefreien Zugang, in denen es gefühlt ausnahmslos um Biere, Bibeln, egozentrischen Patriotismus, Bar-Abstürze und Breakup-Banalitäten geht, ist eben ziemlich schnell erreicht.

Gerade wenn die ständig selben Strukturen wie lieblos hingerotzt wirken, die ständige Gleichförmigkeit auch die kurzweiligsten Stücke in einen ermüdenden Kontext setzt, und der immanente Plastik-Geschmack keinerlei Nachhaltigkeit erzeugt ist alles Wohlwollen für One Thing at a Time also schnell aufgebraucht.
Dazu kommen vor allem aber auch noch die stilistischen Chimären an der Grenze zum relaxten Hip Hop und Trap a la Ain’t That Some, I Wrote the Book, Last Night, Sunrise, You Proof, Neon Star (Country Boy Lullaby), Thinkin‘ Bout Me, Me to Me, 180 (Lifestyle) oder Cowgirls, die zwar durchaus stimmig im restlichen Sound eingefügt funktionieren, aber eben auch stets so beseelt und organisch klingen, als hätte eine AI nach gefälliger Marktanalyse entsprechende Schlagwort-Unaufdringlichkeiten von subversiv nervender Penetranz und netten Melodien und Hooks konstruiert, die vor inhaltlichen und stilistischen Plattitüden strotzen…ein ziemlich adäquates Bild des Zeitgeistes zeichnen könnten.

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