Nick Waterhouse – Holly

von am 10. März 2014 in Album

Nick Waterhouse – Holly

Gegen die Alben des Songwriters aus LA klingen die Platten von Amy Winehouse und der Black Keys wie futuristische Digitalproduktionen: Nick Waterhouse musiziert weiterhin in der Übergangsphase zwischen den 1950er und den 1960ern.

Weswegen Nick Waterhouse trotz Fifa-Werbespot im Rücken immer noch nicht durch die Decke gegangen ist, während jede der ständig gleich klingende Produktionen des stimmlich nahverwandten Dan Auerbach allerorts abgefeiert wird, bleibt weiterhin schleierhaft – vielleicht liegt es ja daran, dass das grundsätzliche Songwriting von Waterhouse zwangsläufig gegen die Produktion seiner Platten verlieren muss. Die ist nämlich so analog wie analog nur sein kann, Vintage durch und durch und dabei im Gesamtpaket auch noch unheimlich authentisch. Gerade wegen dieses makellos aus der Zeit gefallenen Sounds stellt man unbewusst jedoch auch höhere Ansprüche an die Songs des 28 jährigen, erwartet Klassiker und Evergreens. Ganz so hoch kurbelt Waterhouse seine Kompositionen dann letztendlich auch diesmal wieder nicht, tobt sich aber in zeitreisender Frische in seinem ansteckenden Retrofieber aus, reproduziert weniger stilgerecht als dass er zahlreiche schmissige kleine Hits aus den Hüften shaket.

Der polyrhthmische Vorbote ‚This is a Game‚ ist auf abgehakte Weise schlängelnd gleich ein absolutes Aushängeschild für die im direkten Vergleich zum 2012er Vorgänger generell dezent gesteigerte Eingängigkeit der Songs – ‚Holly‚ ist etwas glatter ausgefallen als ‚Time’s All Gone‚, auch geschmeidiger und smarter, die Nähe zum Soul wird mit an allen Ecken und Enden auftauchenden Bläsern und nachdrücklich auftretenden Damenbackingchören stärker forciert, das Piano klimpert immer wieder im Lounge-Modus durch das Geschehen. Nick Waterhouse dürfte in letzter Zeit häufiger Sharon Jones als Roy Orbison konsumiert haben, Buddy Holly ist alleine optisch trotzdem immer noch näher. Passt natürlich auch, zumal der Kalifornier ‚Holly‚ damit einen regelrecht funkensprühenden und gleichzeitig unterkühlt perfektionistischen Unterbau mit Hummeln im Hintern verschafft – ‚Dead Room‚ kippt vom swingenden Ohrwurm hinein ins Jazz-Feuerwerk, durch den Titelsong brausen energische Mariachi-Trompeten und auch ‚Sleeping Pills‚ bedient sich karibischer Percussion.

Am besten ist Waterhouse dennoch immer dann, wenn er als klassischer Rocker leichtfüßig durch die Geschichte des R&B tänzelt – das fiebrige ‚High Tiding‚ flirtet mit der Voodoo-Orgel der Doors, ‚Well It’s Fine‚ ist eine besenschlagzeuggetriebene Verneigung vor Elvis und alkoholschwangeren Rauchersalons – oder sich (bezeichnenderweise) ohnedies Fremdkompositionen zu eigen macht: ‚Let It Come Down‚ von Mose Allison wird voll ausstaffierten zu einem launigen Bluessong mit Tremolo-Gitarren, ‚Ain’t There Something That Money Can’t Buy‚ des Young Holt Trio zum Retro-Soul-Gospel-Ballade mit Booker T. Jones als Säulenheiligem vor dem kompakt ausfransenden Minisolo und ‚It No. 3‚ von Chefpsychedeliker Ty Segall shuffelt in Lauerstellung.
Nach enorm tight twistenden 38 Minuten in der Zeitkapsel ist die Frage mit dem Durchbruch präsenter denn je – allerdings auch der Gedanke, dass es dem Songwriter und Anachronisten Waterhouse gut tun dürfte seinen Charakter als Sänger eigenständiger hervorzuschürfen, in den balladeskeren Nummern als Gegengewicht zu all der flotten Kurzweiligkeit  mit ein bisschen mehr Gecroone abseits des ständig etwas zu sehr auf Coolness bedachten Gesangs zusätzliche Tiefe zu schaffen – was dann auch helfen könnte könnte aus rundum tollen Song solche zu machen, die ebenso zeitlos sind wie die Produktion und Inszenierung es jetzt schon sind.

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