No Devotion – Permanence
Geoff Rickly hat sich als Frontmann von No Devotion theoretisch eine doppelt schwere Belastung auf die Schultern geladen: Sowohl das unrühmliche Ende der Ex-Band seiner neuen Kollegen vergessen zu machen, wie gleichzeitig auch die großen Fußstapfen auszufüllen, die er mit seiner eigenen hinterlassen hat.
Praktisch spielen derartige Bürden jedoch von ersten Moment an eigentlich keine Rolle auf ‚Permanence‚, muss man doch über die 48 Minuten Spielzeit nur selten an Thursday denken (Assoziationen bleiben natürlich latent vorhanden, weil Rickly seine charakteristische Ausnahmestimme eben nicht so einfach los wird und ‚No Devolución‚ nicht nur als Wurzel der Bandnamensgebung dient), zu keinen Zeitpunkt an Lostprophets (geschweige denn an ihren monströsen Sänger) und überraschenderweise auch niemals an die eigentlich logische Schnittmenge, die die beiden Konkurrsmassen als kleinsten stilistischen Nenner vereinen müssten.
Dass sich No Devotion viel mehr auf den elektronischen Rock von New Order und Depeche Mode als aktive Ahnengalerie berufen, quasi den Synthiepop der letzten Dredg-Platte ‚Chuckles and Mr. Squeezy‚ mit der sinistren Soundästhetik von Chino Moreno’s ‚†††‚ und der Knackigkeit der Editors interpretieren, das dürfte sich schon anhand der drei vorab ausgekoppelten Singles (oder richtiger: Hits – waschechter, radiotauglicher Hits!) herumgesprochen haben.
‚Stay‚ pulsiert spannungsgeladen über drückende Keyboardschichten und explodiert in einem poppigen Breakup-Sonnenaufgangsrefrain, ‚Addition‚ fußt als eine der wenigen Songs konkret auf knackigen Gitarrenriffs und holt die bereits in der Vergangenheit rekrutierten Fanscharen kompakt aufs Gaspedal drückend ins Boot sowie die Gegenwart. ‚10,000 Summers‚ hat unheimlich zuversichtliche Alternative Rock-Motoren unter seiner schimmernden Oberfläche treiben. Anhand letzterer Nummer erklärt Rickly dann auch ganz gut auf, wie No Devotion generell funktionieren: „I wrote this songs for the love of my life while we were apart. When I heard the finished song, I knew I would win her back. And I did.“
Trotzdem steht am Anfang dieses Debütalbums der Wunsch, den Hörer auf dem falschen Fuß zu erwischen: ‚Break‚ experimentiert über einen trappigen Beat, übertreibt es aber mit den perlenden Effekten und dem gar zu freizügig repetierten Refrain (generell noch eines der wenigen Probleme der Band, siehe etwa auch das an sich grandios sphärisch-abgründigen ‚Why Can’t I Be With You?‚). Das folgende ‚Permanent Sunlight‚ strahlt seinem Titel folgend vor gleißendem Optimismus in den Himmel steigend, mehrstimmige Gesänge begleiten eine sorgenbeladene Unbeschwertheit, die man von The Cure kennt. Schon früh zeigt sich also: Mit bestimmten Erwartungshaltungen haben No Devotion ein Problem, und um sich auf ‚Permanence‚ zurechtzufinden muss sollte man deswegen trotz all der aufgefahrenen Schmissig- und Eingängigkeit durchaus eine gewisse Kennenlernphase einplanen, um mit den elf Songs (im wahrsten Sinne) warm zu werden.
Dann aber belohnen No Devotion mit einem Einstand, der aus dem Stand weg im oberen Genre-Drittel mit nur wenigen Kinderkrankheiten (etwa der Albumstruktur im Ganzen oder der Balance von der hoffierten Catchyness und dem damit verbundenen Zug zur Glätte) zu kämpfen hat, in erster Linie jedoch zahlreiche Ohrwürmer voller hartnäckiger Hooklines abliefert. ‚Eyeshadow‚ zeigt etwa die Gemeinsamkeiten von U2 und Joy Division auf, ‚I Wanna Be Your God‚ orientiert sich weniger als Reminiszenz an den Stooges oder den Stone Roses, als dass es eine immanente My Bloody Valentine-Shoegaze-Schlagseite mit einer irritierend eingeschlafenen, nicht immer unbedingt dynamischen Produktion (von ‚[amazon_link id=“B001SVJER0″ target=“_blank“ ]A City by the Light Divided[/amazon_link]‘-Betreuer Dave Fridman) verarbeitet. Das stimmungsvoll in die Kakophonie starrende Instrumental ‚Death Rattle‚ (Fun Fact: geschrieben wurde der Song bereits, bevor Rickly zur Band stieß, eingespielt aber erst, nachdem Drummer Luke Johnson No Devotion bereits wieder verlassen hatte und für die Albumaufnahmen zeitweise durch Ex-Bloc Party-Ausnahmedrumme Matt Tong ersetzt wurde) ist ebenso für nächtliche Nachtfahrten durch Neon-Städte gemacht wie das Chromatics-Delirium ‚Night Drive‚. Mit dem epischen ausgebreiteten Schlusspunkt ‚Grand Central‚ ziehen sich No Devotion dann endgültig in ihren Kokon zurück, der unterkühlt funkelt und eine irritierende Anziehungskraft absondert, eine erhabene Schönheit hypnotisierend in den Abgrund zieht, vor allem aber einen nahezu formvollendeten Neuanfang mit Nachdruck und als Versprechen an die Zukunft abrundet.
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