Polar Bear Club – Live At The Montage
Wenns läuft, dann läufts; und dann darf man schon mal guten Gewissens ein Live-Album raushauen. Die Punkrock/ Post-Hardcore Hoffnungsträger Polar Bear Club machen nun genau dies – nur nicht so, wie es andere in dieser Situation gemacht hätten, weil: unplugged.
In gewisser Weise ist ‚Live at the Montagne‚ das Live-Dokument geworden, dass man von verdienten Vertretern des Genres erwarten darf – was die hochgelobten Punker aus Rochester, New York nach drei aufsehenerregenden Studioalben in drei Jahren irgendwie auch sind, und dennoch hat man das Gefühl, dass diese Art von Live-Album verhältnismäßig „früh“ in Polar Bear Clubs Karriere kommt, wo manche Kollegen mittels des Kniff mit der Unplugged-Schiene doch zwecks Batterien aufladen und dergleichen erst später auf ihre Wurzeln besinnen. Ungeachtet dieser vermutlich leicht zu widerlegenden Theorie dokumentiert ‚Live at the Montagne‚ einen reinen Akustikauftritt der Band: die jugendliche Kehlstimme von Sänger Jimmy Stadt wird ausschließlich flankiert von den langdienenden Polar Bear Club Gitarristen Chris Browne und Nate Morris. Insofern hat das erste Livealbum schon was von einer Fleißauggabe von Seiten den Band, einem nicht zwangsläufig nötigen Goodie für Hardcorefans und einem gefühlten Soloausflaug für Stadt – siehe etwa Frank Turner, Chuck Ragan oder Brian Fallon. Was es hingegen über die Bandchemie aussagt, dass Basser Eric Henning außen vor agelassen wurde (‚Live at the Montage‚ wurde bereits letztes Jahr aufgenommen, da war der erst heuer dazugestoßene Steve Port noch nicht an Bord), lässt sich ebenso wenig ableiten, wie weswegen auf die physischen Tonträger nur neun des eigentlich dreizehn Songs umfassenden Sets gepappt wurden.
Sehr wohl klar wird aber, dass die drei Polar Bear Club Mitglieder offenkundigen Spaß an der Sache hatten, das Pubikum ebenso: Wo anfangs noch aufgefordert werden muss mitzusingen, ist das zur Hälfte hin schon selbstverständlich und am Ende geradezu leidenschaftlich. Das verlangt außerdem geradezu feurig danach, die gängigsten Phrasen aus dem Fachbuch für Live dargebrachten Punkrock von „authentisch“ über „energiegeladen“ bis „bodenständig“ auszukramen, und tatsächlich kann man sich in dieser spartanischen Ausrichtung sogar vorstellen, melancholisch ein paar Bier zu knacken und miteinzustimmen. Richtig unmittelbar wird ‚Live at the Montage‚ aber erst aufgrund seines tollen Raumklangs, Jay Maas (Defeater, Bane, Cruel Hand) hat ganze Arbeit geleistet,mischt die beiden Gitarren satt aber unbändig unter die energische Stimme Stadts, die hier zwar mancherorts die Varianz der Studioalben versagt, dafür aber noch mitreißender fungiert. In Kombination mit der spartanischen Ausleuchtung tun sich da ganz neue, anschmiegsame Facetten in den durchgängig tollen Songs der Band auf. Einzig, warum diese Songs säuberlich ein- und ausfaden stört das Gesamtbild dann doch nachhaltig.
Diesen Punkt außer Acht gelassen spielen sich Polar Bear Club motiviert und gewachsen durch ein alle ihre bisherigen, rundum gelungenen Alben (‚Sometimes Things Just Disappear ‚, ‚Chasing Hamburg‚ und ‚Clash Battle Guilt Pride‚) umfassendes Set, das in seiner dargebotenen Form sicher spannender geraten ist, als es für das Format „Livealbum“ Usus ist, obwohl die Einbindung von Bass und Schlagzeug in den Akustiksound dem ganzen wohl zusätzliche Tiefenqualitäten ermöglicht hatte. So bleibt der typische „Punker stöpseln nun mal alle irgendwann die Gitarren aus, krempeln die Flanellhemden hoch und geben die melancholischen Rauhbeine am Lagerfeuer„-Stimmung an ‚Live at the Montage‚ hängen. Wie eindringlich das familiäre Punkspektakel aber gerade aufgrund dieser Stimmung werden kann, zeigt dann gegen Ende ‚At Your Funeral‚, wenn leichtes Klatschen den Rhythmus vorgibt, sich das Publikum aufopfernd in die Songzeilen wirft als gäbe es kein Morgen und dem Saves the Day-Klassiker damit nicht nur die gebotene Ehrerweisung darbringt sondern auch Nackenhaare aufstellt. Das andere herausragende Highlight von ‚Live at the Montage‚ heißt dann ‚Left and Leaving‚, ist von den göttlichen Weakerthans und nicht nur deswegen ohnedies ein Song, der in anderen Maßstäben beurteilt werden muss. Fans können sich also darüber freuen, dass Stadt, Brown und Morris diese überlebensgroßen Klassiker zwar nicht mühelos stemmen (Stichwort: stimmliche Grenzen, die John K. Samson an diesen Stellen nicht kennt) aber dennoch nahtlos ins eigene Set einbauen. Spricht ja fast schon allein für die Qualität der gesamten Platte, der versammelten Songs und Polar Bear Club an sich.
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