Sinmara – Hvísl Stjarnanna

Die Within the Weaves of Infinity-EP von 2017 war schon ein adäquater Indikator für die Entwicklung h der isländischen Black Metaller: Sinmara treiben ihren gegen den Strick gebürsteten Sound mit Hvísl Stjarnanna noch weiter in die dissonant-hässliche Schönheit.
Wobei es nur wenige Monate nach der Veröffentlichung der 2018er-Glanztat Revelations of the Red Sword von Svartidauði langsam aber doch ein Problem werden könnte, dass sich der isländische Black Metal einen gewissen Trademark-Sound in der Szene angeeignet hat: Das schafft nachbarschaftliche Charakteristiken, eint Vertreter von der Insel stilistisch aber bis zu einem gewissen Grad auch bereits gleichförmiger und weniger individuell ausgeprägt, als auf lange Sicht gut tun würde.
So sind es die Feinheiten, die ins Gewicht fallen – zumal Hvísl Stjarnanna im hauseigenen Kontext dann aber auch ohnedies evolutionäre Schritte erkennen lässt und sich seine eigene Nische erweitert. Die orthodoxen Merkmale des schon sehr starken Debütalbums Aphotic Womb werden übernommen, doch dringen der Hang zur klareren, herrlich druckvollen Produktion, den zugänglicheren Motiven und der breiteren Atmosphäre von Within the Weaves of Infinity dominant in den Klangraum der Band ein, und sorgen für eine vor imaginativer Kraft berstende Energieleistung.
Die Melodien funkeln im zwingenden Ganzen über dem böllernden Rausch, der an der Oberfläche agressiv gegen sich selbst arbeitet, immer wieder die anschwellende majestätische Grandezza attackiert. Die Gitarren dominieren mit psychotischer Schlagseite, sind mal punktuelle Texturen, die dann und wann flächig aufmachen und selbst die beißenden Riffs mit einer impressionistischen Stimmung transzendieren, eine erhebende Hymnik auskotzen. Die Rhythmussektion grundiert dazu physisch, verschluckt den Bass nahezu in Verbindung mit den niemals harschen, eher heiser dunkel grollenden Vocals, deren doch sehr eigenwillige Prägung die Sogwirkung aus abseitiger, hässlicher Eleganz befeuert. Diese Schwärze lässt allerdings immer wieder böswillige Luft zu atmen, tackert im Blastbeat und schmückt Synthietexturen aus, während sich der dynamische Fluss von Hvísl Stjarnanna langsam aufbaut und destruktiv in eine Intensität rast, die über (die mit jedem Durchgang wechselnden) Highlights wie Úr Kaleik Martraða oder dem absolut überragenden Crimson Stars in eine selbstkasteiende Katharsis geißelt.
Die Bandbreite der Tiefenwirkung hat sich so noch einmal erweitert, und das bisher gelegentlich zur Formelhaftigkeit neigende Spektrum innerhalb der Strukturen weiter ins epische wachsen lassen, das über dem Momentum fesselt. Weswegen sich Hvísl Stjarnanna auch höchstens vorwerfen lassen muss, dass die Kollegen von Svartidauði (ungeachtet der personellen Überschneidungen) mit ein paar Monaten Vorsprung vielleicht die objektive Sicht auf Hvísl Stjarnanna im ersten Moment ein klein wenig verschleiern konnten und das kompakte Within the Weaves of Infinity die melancholisch-brutale Urgewalt von Sinmara wohl nichtsdestotrotz noch präziser artikulierte.
Einigen wir uns also wenigstens darauf: An diesem furiosen Grower von einer Platte sollte, wird und muss man den isländischen Black Metal mit ein wenig Abstand bis auf weiteres mindestens ebenso messen, wie an Revelations of the Red Sword.
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