Slowdive – Kisses (Daniel Avery Remix) / Kisses Sky II
Daniel Avery und Grouper verfolgen zwei stilistisch konträre Ausrichtungen, um Kisses, den herausragenden Hit von Slowdives 2023er-Glanztat Everything is Alive, zu remixen bzw. neu zu verarbeiten.
Die subjektiv durchaus überraschende Wahl des britischen Elektronikmusikers zum Remix-Ansprechpartner für die Shoegaze-Legende mündet dabei in einer relativ konventionellen Umdeutung: Avery behält die Melodie des Originaltracks als atmosphärisches Backdrop bei und lässt davor einen ebenso generischen wie effektiven Drum’n’bass-Beat treiben. Plötzlich wird aus Kisses so eine ziemlich vehement auf die Tanzfläche ziehende Club-Sehnsucht mit Tiefenwirkung für die melancholische Imagination. Auch abseits seiner Tätigkeit als Funktionsmusik hat das insofern seinen Reiz – schade aber, dass die (auch keine lange Anlaufzeit nehmende) Version von Avery einfach so unnötig abrupt den Stecker zieht. DJs, die den Remix dankbar in ihr Set aufnehmen, wird dieser Umstand freilich egal sein.
Naheliegender erscheint dann schon das Erscheinen von Liz Harris im Kosmos von Slowdive, wobei die 44 jährige Amerikanerin sich schon vorab als Fan deklariert: „Making music was only an idea in my head when I first fell in love with Slowdive. What a strange dream all these years later to work with them. This track was such a lush pop hit to start, I just tried to boost and smear those gauzy highs and fields of dreamy texture, and [Rachel Goswell’s] ethereal vocals. Added a touch of tape, Wurlitzer, and space echo too. It was a pleasure to work on.”
Wo Avery dezitiert einen Remix angefertig hat, formt Grouper mit Kisses Sky II eine Art Paralellwelt-Mutation des Ursprung-Materials, die unter Wasser dösend nautisch plätschert. Sie entfernt das Schlagzeug und drosselt das Tempo, löst die Konturen auf, badet die Essenzen ätherisch im Hall, schielt zum Ambient und zu Souvlaki. Ein bisschen klingt Kisses Sky II vielleicht so, wie Slowdive die Nummer vor 30 Jahren aufgenommen haben könnten. Wie ein wundervoll elegischer Traum also – mehr Fan-Pleaser geht eigentlich (in jeder Hinsicht) kaum.
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