Soulsavers – The Light The Dead See

von am 22. Mai 2012 in Album

Soulsavers – The Light The Dead See

Rich Machin und Ian Glover ziehen ihren aus dem Trip Hop entsprungenen Rock endgültig im Breitwandformat anhand getragener Epen auf. Den emotional erdrückenden Bombast stützt diesmal beinahe zur Gänze: Depeche Mode Sänger Dave Gahan.

Einzig die stolzierende Streicherintermezzo ‚Point Sur Pt. 1‚ sowie die eröffnende Morricone Verneigung ‚La Ribera Edit‚ müssen ohne die markante Stimme des Depeche Mode-Frontmnanns auskommen, der sich auf ‚The Light the Dead Can See‚ eine knappe Drreiviertelstunde in ungewohntem Bombast suhlen kann: Die analogen Synthieklänge seiner Stammband finden auf dem vierten Soulsavers-Album keinen Platz, stattdessen regiert übermütige Vollmundigkeit in den Kompositionen, ausladende Arrangements garnieren Songs, deren Alternative Rock sich immer weiter auseinanderzieht, soulige Gospelchöre zelebriert und Streicher frohlocken, den Blues in melancholisch schwelgenden Popsongs gewähren lässt. Wo das unbestreitbare Soulsavers Manifest ‚It’s Not How Far You Fall, It’s the Way You Land‚ seine Schönheit im endlosen Fall in die Elegie fand, sucht ‚The Light The Dead Can See‚ eben diese in der weit ausholenden Geste, der hemmungslosen Zelebrierung des Unersättlichen, dem Flug in höchste Höhen.

Die beiden Soulsavers, das britisches Produzentenduo mit dem Hang zu markanten Gastsängern, ermöglichen sowohl sich selbst als auch Gahan damit eine notwendige Frischzellenkur vom Alltagstrott. Der 50 jährigen Synthpoplegende hat schon die Arbeit an den beiden Soloalben ‚Paper Monsters‚ und ‚Hourglass‚ zu neuem Selbstbewusstsein abseits des Depeche Mode-Universums verholfen und die Selbstverständlichkeit mit der Gahan nun gleichermaßen verletzlich und erhaben durch die ersten Songs seit seinen gesundheitlichen Problemem 2009 treibt, könnte der auf ‚Sounds of the Universe‚ beängstigend schwächelnden Institution um den sich einstweilen anderweitig autobenden Martin L. Gore zusätzlichen Aufrtrieb geben. Die Soulsavers selbst auf der anderen Seite gehen in den neuen Möglichkeiten förmlich auf, ereifern sich in noch weniger beschränkten Soundszenarien wie losgelöst und finden damit einen Weg aus der Sackgasse, in die sie sich mit dem doch magielosen Standardwerk ‚Broken‚ chauffiert hatten: Was vor drei Jahren nur angedeutet wurde, findet hier seine Erfüllung. Letztendlich ist ‚The Light The Dead See‚ dann auch über weite Strecken eine Win/Win Geschichte geworden – zumindest für alle Beteiligten.

Immer wieder schrammt das vierte Soulsavers Album am theatralischen Overkill vorbei, watet knietief im Pathos und säuft wie im vorab ins Rennen geschickten ‚Longest Day‚ auch nicht selten in allzu gefälliger Schönmalerei ab. ‚The Light The Dead See‚ entledigt sich aller überflüssigen Ecken und Kanten, kaschiert sogar den ursprünglich live eingespielten Bandsound unter glattpolliert jubelnden Streichermeeren von Danger Mouse Kumpel Daniel Luppi und lässt Gahan dort anschmiegsam werden, wo Fanfaren und majestätische Gesten nicht um Achtung buhlen. Unter dem breitgefächerten Instrumentarium versteckt sich der nach Erlösung flehende Gahan von ‚Songs of Faith and Devotion‚: „I was walking home lonely the other night /I couldn’t see a single star in the sky /Oh, they must be too high„. Eine These, welche die potentielle Lichtverschmutzung angesichts einer zu jeder Sekunde hemmungslos strahlenden Platte außen vor lässt. Und natürlich erwischt einen das faktisch funktionieren müßende Gewächs aus Stimme und oftmals erschlagendem Bombast dennoch immer wieder: sakrale Erhabenheiten wie ‚Just Try‚ oder der sich gemächlich aufrichtende Titelsong rauben den Atem und lassen im richtigen Moment sprachlos zurück. Am besten ist ‚The Light The Dead See‚ dennoch immer dann, wenn sich das Meer aus Orgeln, Chören, Streichern, Klavieren, Gitarren und Schlagzeug zu lichten beginnt, die allgegenwärtige Melancholie einen Blick auf das tatsächlich verletzliche Innere dieser Platte frei gibt: so vor allem in der Schlussphase der Platte geschehend, wenn ‚I Can’t Stay‚ dezent an die Trip Hop Wurzeln der Soulsavers gemahnt, ‚Take‚ den Southern Rock einlädt und sich ‚Tonight‚ mit Mundharmonika vollmundig dort am Konsensradioformat anbiedert, wo die reichhaltige Woge an überbordendem Wohlklang sich als sterbender Schwan gefällt. Manchmal gibt es eben nichts richtigeres, als in Selbstmitleid zu zerfließen.

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