The Shouting Matches – Grownass Man
Justin Vernon hat vorerst genug davon mit Bon Iver als Galionsfigur des Folk herzuhalten – und bei dieser Gelegenheit den Bluesrock. Der zwangslose Spielspaß den Vernon mit seinen zwei Kumpels als The Shouting Matches dabei so authentisch versprüht übertaucht dann auch gekonnt etwaige Luftigkeiten im Songwriting.
Wie befreiend die Exkursion mit seiden beiden langjährigen Freunden Brian Moen (Peter Wolf Crier) und Phil Cook (Megafaun) für Vernon nach Aufnahmen mit englischen Wunderkindern, amerikanischen Größenwahnsinnigen und eigenen Wundertaten sein muss lies sich erst unlängst bei dem Auftritt der Shouting Matches am Coachella erahnen: ein skurriler Soundcheck der gefühltermaßen länger dauerte als der Gig selbst, freundschaftliche Gesten, ein paar entspannte Bier, gute Laune vor überschaubarer Menge. Den Druck der mittlerweile allgegenwärtigen öffentlichen Erwartungshaltungen nahm Vernon ja seit jeher durch kleine Ventile (u.a. durch Arbeiten mit Volcano Choir, Anaïs Mitchell, Kathleen Edwards und unzähligen anderen) von seinen „großen Projekten“, am liebsten im kumpelhaften Umfeld. So auch hier. Mit welcher nonchalanten Umgänglichkeit er da mit seiner „neuen Band“ (stimmt nicht ganz: die ‚Mouthoil‘-Ep von 2008 sah nur nie das Tageslicht) vollkommen unprätentiöse Bluesrock-Nettigkeiten aus dem Ärmel schüttelte, diese Freude wirkte dann aber selbst im Stream so unaufregend wie erstaunlich ansteckend.
Der größte Clou von ‚Grownass Man‚ ist es dann auch, genau diese Spielfreude nahtlos aus den Boxen zu drücken. Unheimlich gefühlvoller, warmer Vintage-Sound köchelt da im wenig aufdringlichen Delta-Bluesrock vor sich hin, unkompliziert und ohne Hast, verankert zwischen den späten Megasellern der Black Keys, jamfreudigen CCR, Booker T. Jones, Dr. John und Dr. House. Die nötige Abwechslung generiert der Albumfluss dabei von selbst: in ‚Gallup, Nm‚ schaukelt sich die Gitarre immer weiter bis in den Impro-Himmel auf, in ‚Heaven Knows‚ klingt Vernon wie Tom Jones (tatsächlich verzichtet er auf ‚Grownass Man‘ nahezu komplett auf sein Trademark-Falsett) während das schwer walzende Organ/Riff-Szenario gar gen Metal tendiert. ‚I’ll Be True‚ macht einen kleinen Country-Auslug, das hastig vorangetriebene ‚Mother, When?‚ die Gospelparty ohne Chor und ‚Seven Sisters‚ ist der Indie-Hitanwärter der Band. Überall streicheln satte Orgelklänge über das Geschehen, befeuern die frei schwebenden Kompositionen, die Mundharmonika dröhnt in den Ecken, der Bass wummert nicht nur in ‚Three Dollar Bill‚ satt. ‚Milkman‚ hätte es als gefälliges Instrumental nicht unbedingt gebraucht, das abschließende ‚I Need a Change‚ ist dafür umso versiertere Melancholie inklusive Lust auf einen Prince-Moment.
Die Art und Weise wie die kleine Supergroup The Shouting Matches auf ‚Grownass Man‚ losgelöst über treibende Eingängigkeit jammt stellt dabei keinen Anspruch ein weiteres Meisterwerk in der reichhalten Veröffentlichungsliste Vernons werden zu wollen. Die einnehmende, beinahe hartnäckige Leichtigkeit der Platte entwickelt mit allerhand charismatischen Kleinoden jedoch quasi nebenbei ein annähernd ähnlich süchtig machende, kurzweilige Sogwirkung wie alle Arbeiten des Mannes aus Eau Claire, Wisconsin. Tatsächlich funktioniert Vernon hier aber vordergründig als kleiner Teil des Ganzen: drei Mehr-oder-Minder Szenegrößen säubern ihre Köpfe, huldigen mit ihrem Roots-Rock abseits der Pfade ihrer Stammformationen alten Helden und liefern damit zwangslose, technisch einwandfreie Unterhaltung mit dem Herz am rechten Fleck. Rundum ein ungemein charmantes und sympathisches Statement mit Understatement also, und wohl der endgültige Beweis: selbst wenn Vernon sich mal nur zurücklehnt und die Dinge entspannt geschehen lässt steckt dahinter immer noch mehr Gefühl im kleinen Finger, als bei anderen Musikern im gesamten Körper.
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