Various Artists – The Shape Of Punk To Come Obliterated
Zum (eigentlich ja bereits 2024 stattgefunden habenden) 25 jährigen Jubiläum ihres unsterblichen Klassikers und der dabei aufgelegten Anniversary Edition kuratieren Refused auch das namhaft besetzte Cover-Werk The Shape Of Punk To Come Obliterated.
Ein relativ durchwachsenes Ergebnis liegt bei derartigen Projekten gewöhnlich bekanntermaßen in der Natur der Sache. Weswegen sich The Shape Of Punk To Come Obliterated in Summe über den Erwartungen abliefernd mehr als ordentlich schlägt.
Gut, der New Noise Remix von Idles beweist zwar einmal mehr in diesem Jahr, dass die Band ihr Bearbeitungs-Handwerk durchaus versteht, doch fällt die Nummer in diesem Kontext hier als relativ faule Darbietung redundant und deplatziert aus dem Rahmen. (Ein bisschen wirkt es gar so, als hätte man die Briten für dieses Projekt engagiert, doch weil diese den Arbeitsauftrag falsch verstanden haben, musste man noch eine weitere Band für ein New Noise-Cover an Bord holen, während man den Idles-Beitrag letztlich nicht verschwenden wollte und als Bonus ins Geschehen pappte.)
Und während weite Strecken der Einspielungen gefühlt generell ein bisschen zu ehrfürchtig die jeweiligen Originale nachahmen (ohne freilich deren auch heute noch unfassbare Energie zu erzeugen), bleiben nur Gel (mit einem etwas trägen, weniger präzisen und stumpfer daherkommenden Worms Of The Senses / Faculties Of The Skull) sowie Zulu (die Protest Song ’68 in grober Brutalität anfassen) zu ambitionslos Tribut zollend – selbst wenn beide Darbietungen an ihren jeweiligen Ausläufern doch noch eine gewisse Individualität implementieren.
Zugegeben: auch Snapcase (mit Summer Holidays Vs. Punkroutine) und Quicksand (The [sic] Liberation Frequency) lehnen sich streng genommen nicht allzu weit aus den Fenstern. Aber beide Veteranen/Legenden-Kombos haben eine solch charakteristische Gravität, dass eine eigene Handschrift mitschwingt.
Und außerdem: Alleine, dass Snapcase seit über zwanzig Jahren wieder einen Song aufgenommen haben, ist eine kleine Sensation. Und wie Quicksand das Schlagzeug im Refrain justieren, ist außerdem eine einzige Freude.
Während Ho99o9 der praktisch regulären Version von New Noise im Cover-Habitat den ihnen typischen, elektrifiziert zum Digital Hardcore schielenden Patent-Sound beibringen und dabei auf zweieinhalb Minuten einkochend alles von Bord schmeißen, was der Gelegenheits-Hörer nicht mit dem Überhit assoziiert, addieren Fucked Up zu Refused Party Programm dagegen eine zähflüssig psychedelische Masse, was den Hardcore auf schrullige Weise diffus macht.
Cold Cave nehmen sich Refused Are Fucking Dead an und sorgen alleine schon durch die stilistische Verortung im Darkwave für eine interessantere Interpretation, als es eine Genre-naheliegendere Band getan hätte. Auch, wenn das poppige Ergebnis relativ generisch hinuntergeleiert wird. Da hat die (subjektiv an Spineshank erinnernde) Synthetik, die IGORRR The Shape Of Punk To Come einimpfen, mehr Hunger.
Und bevor Touché Amoré für einen tollen Abschluss bürgen, indem sie bei The Apollo Programme Was A Hoax die melodische Seite unterstreichen und den Closer mit optimistischer Aufbruchstimmung zu einer erhebend gedrosselten Aussicht führen, sorgen ausgerechnet die beiden Post Metal-Vertreter im Portfolio für die Highlights der Compilation. Brutus formen The Deadly Rhythm nahezu komplett assimilierend um, poltern wirbelnd in einen massiven Sprint und kontrastieren diesen mit einer behutsamen Einkehr, derweil Cult Of Luna Tannhäuser / Derive so spielen, als wäre es seit jeher ein eigener Trademark-Monolith: endlos geduldig aufbauend, um die melancholische Stimmung mit einem martialischen Ausbruch detonieren zu lassen, bis der Abgang hoffnungsvoll schimmert, wenn sich der Staub gelegt hat.
Diese neuen Perspektiven machen The Shape Of Punk To Come Obliterated vielleicht nicht essentiell für Refused-Fans alleine, doch vor allem Anhänger der geladenen Bands werden ihre Freude an der Songzusammenstellung finden. Auf jeden Fall ein runderer Abschied als War Music.
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