Aesop Rock – Skelethon

von am 14. Juli 2012 in Album, Heavy Rotation

Aesop Rock – Skelethon

Nahezu zeitgleich mit seinem Förderer El-P taucht auch Ian Matthias Bavitz nach einem halben Jahrzehnt wieder aus der Versenkung als Solokünstler auf. ‚Skelethon‚ entschädigt für die  lange Wartezeit mit einem Aesop Rock in Rein- und Bestform.

Seine langjährige Heimat Def Jux liegt nun seit knapp zwei Jahren auf Eis, Bavitz selbst hat sich seit seinem letzten Album ‚Non Shall Pass‚ zurückgezogen und vor allem als Produzent und Gruppenmitglied verdient, während um ihn herum alte Weggefährten wegstarben, Beziehungen in die Brüche gingen. ‚Skelethon‚ spiegelt diese düstere Phase der Verluste wieder, ist abgründiger Bewältigungsversuch und irgendwo hinter Texten wie „I wrote this on a self-destructing memo“ auch Hoffnungschöpfen. Mehr noch als das erste Album seit 2007 und das erste auf Rhymesayers von Atmosphere ist ‚Skelethon‚ aber die Geburt von Aesop Rock als Rundumpacket; weil dieser erstmals alle Zügel alleine in der Hand hält, nur Joey Raia  das Mixen und einigen Freunden die Musikerrollen überlässt und sich selbst als Produzent, Beatbastler und Rapper in Personalunion gleich das stringenteste Album seiner Karriere auf den Leib geschneidert hat. Einen Brocken ohne Ablenkungen, kein Gramm Fleisch mehr auf den fünfzehn munter getriebenen Nummern, Aesop Rock hat seinen Hip Hop bis auf die Knochen skelettiert.

Skelethon‚ bockt störrisch an seinen Beatgerüst welches sich das Spotlight mit Aesop’s markant übelgelaunten Brachialeleganzflow teilt. Die Drums  rumpeln, als wären alle Felle abgezogen worden, markant vor dem restlichen Spielplatz, die Bässe marschieren durch knietiefen Schlamm. Im restlichen Soundbild hat Aesop die Schrauben eng gezogen, eigentlich ist es ein Paradoxon das ein derart reduziertes Klangbild derartig dicht und voll klingen kann. Doch genau genommen passiert hier abseits von Bavitz so dominantem Predigen und den unnachgiebigen Beats nur auf den ersten Blick wenig, auf den zweiten schon verdammt viel: immer wieder machen sich verstörte Keyboardeffekte im Hintergrund breit, Elektronik grätscht in die sperrig verkeilten Konstruktionen. Bestes Beispiel der superbe Vorabbote ‚ZZZ Top‚ wo die hastigen Rockdrums geschmeidige Rhyms eilig vor sich hertreiben, die E-Gitarre nebenher tänzelt und im Hintergrund mehr komuliert, als die Produktion ausleuchten will. ‚Racing Stripes‚ rollt sich geschmeidig in Jazz-Nähe, Samples verirren sich derart unprominent, wie die Ex-Moldy Peaches Sängerin Kimya Dawson im umständlichen Sog von ‚Crows 1‚ verschluckt wird.

Das sechste Aesop Rock Album bietet eben kaum Nährboden für Existenzen abseits seines Erschaffers, ist mit seinen beklemmend einnehmenden Rhythumskonstrukten eine störrische und wilde Achterbahnfahrt durch das explosive Mundwerk seines Dompteurs geworden, eine unterhaltsame Innenansicht auf fünf Jahre Wachstum, immer auch mit dem Schalk im Nacken: „When I see your picture I draw dicks on it!„. Anfangs bietet das nur wenig Gelegenheiten zum festkrallen, das schizophrene Zwiegespräch in ‚Racing Stripes‚ heißt man also nur zu gerne willkommen, den Chorus im kritischen ‚Homemade Mummy‚ sowieso: „Take the brain out / Leave the heart in.Aesop findet auf ‚Skelethon‚ den idealen Mittelweg zwischen Hirn und Herz – mit einer schlau inszenierten Platte, die unmittelbar in den Bauch fährt.  Nimmt er an der Hand, mutiert zum Reiseführer in Welten, die man vielleicht gar nicht unbedingt sehen wollte, in die verlassenen Ruinen von Def Jux, dorthin also, wo auch El-P´s aktuelles ‚Cancer for Cure‚ vor sich hin kocht. ‚Skelethon‚ entfesselt in dieser Geisterstadt eine überwältigende Intensität, eine Spannung, die von der ersten bis zur letzten Minute durchhält. Und die beeindruckende Leistungsschau von Hip Hop im Jahr 2012 weiterführt.

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