AFI – Burials

von am 30. Oktober 2013 in Album

AFI – Burials

Zyniker werden behaupten das Beste am nunmehr neunten AFI Album sei die an die Veröffentlichung geknüpfte Tour mit (und wegen) Touchè Amorè. Dabei zeigt sich anhand vonBurialseinmal mehr: Totgesagte leben einfach länger.

Hand aufs Herz: wer hatte AFI nach den aus verschiedenen Gründen an ihren Absichten scheiternden ‚Decemberunderground‚ und viel mehr noch dem aufdringlich zugänglichen ‚Crash Love‚ noch ernsthaft auf der Rechnung? Eben. Weil also das letzte rundum starke AFI Werk mit ‚Sing the Sorrow‚ somit auch bereits knapp zehn Jahre zurückliegt zieht ‚Burials‚ nun durchaus einen Teil seiner Überzeugungskraft aus der Tatsache dass man den versammelten 50 Minuten mit tiefgeschraubten Erwartungshaltungen begegnet. Darüber hinaus vermittelt dieses gefühlte Comeback nun aber auch nicht nur einen vagen Eindruck davon, was den Kaliforniern das letzte Jahrzehnt über soundtechnisch vorgeschwebt sein musste: geradlinig zündende Alternative Rocksongs mit ungemein ausgeprägten Popappeal und glamourösen elektronischen Spielerein am Abgrund, hinter der von Gil Norton wenig fordernd aufbereiteten, in düsterem Goth-Hochglanz strahlenden Edel-Depressions-Oberfläche.

Stellvertretend für den eingeleiteten Qualitätsanstieg eröffnet mit dem bedrohlich vor sich herköchelnden ‚The Sinking Night‚ ein Intro mittelalter Tradition, während dem AFI langsam aus ihrem selbstgeschaufelten Grab emporsteigen und mit dunkler Spannung signalisieren zur ausladenden Geste nach wie vor bereit zu sein. Den darauf folgenden Weg zurück hat ‚17 Crimes‚, diese vorauseilende Pop-Uptempo-Vorzeigesingle gar nicht einmal so falsch vorgegeben.
Obwohl AFI nicht immer derart leichtfüßig in die Gehörgänge tänzeln, oft zu gerne die Brechstange benutzen. Der postapokalyptische Emo-Terminator ‚I Hope You Suffer‚ klettert etwa mit insektizider Percussion über ein Heer aus Soundspuren, einem tröpfelndem Moll-Piano, feingliedrigen Gitarrentexturen und einen variabler denn je agierenden Havok, nur um für den fett in die Vollen langenden Refrain ein bratendes Stadionbrett auszubreiten, dass sogar Linkin Park die Knie weich werden dürften. Neben dem abschließenden ‚The Face Beneath The Waves‚ mit seinem zwischen epischer Theatralik und verhaltener Stadionintrospektion pendelnden Atmosphäre aber eben auch das mahnendste Beispiel dafür, dass AFI ihr Songwriting insofern nicht unter Kontrolle haben, als dass sie es ihren Hörern förmlich aufdrängen, all die catchy Hooklines und Refrains auch nur zu gerne weit über Gebühr strapazieren. Ein paar Hacken abseits des stur verfolgten Strophe/Chorus-Prinzips hätten ‚Burials‚ also durchaus gutgetan

Drumherum und dazwischen trapieren AFI allerdings Songs, von denen sich praktisch keiner nicht als Single eignen würde – mal sind da wenig gewichtige poppunkige Singalongs für die lange Autofahrt (‚A Deep Slow Panic‚), dann flachen Havok und Puget die Gräben zu Blaqk Audio im elektronischen etwas überladenen Industrialkontext ab (‚No Resurrection‘ gelingt das deutlich besser als dem trägen ‚The Embrace‘), drehen ihre Runden knapp vorm hetzenden Synthierock mit Spielhallenappeal und ohne Schamgefühl (‚Wild‚), mischen bei Gelegenheit gar über die Stränge schlagend Blink 182 mit stoischen Arenagraben-Drums, Postpunkgitarren und Zuckerwattenweltumarmungsmelodien (im galligen ‚Heart Stops‚) – letztendlich alles garantierte Ohrwürmer, unverfänglich auf dem Silbertablet präsentiert. Am herausragensten  bedient die ins schicke Popformat verpackten Ambitionen allerdings ‚Greater Than 84‚, ein so verdammt geschickt in die Eingängigkeit getriebenen Killer-Hit, der sich im Formatradio genauso wohl fühlen wird wie in den Alternative Mainstream Charts. Da überhöht auch die beizeiten ermüdende Konventionalität der Strukturen den Infektionsgehalt der Melodien ausnahmsweise nicht künstlich, auf das kajalgetränkte Cosplay-Emotionsbad muss man sich freilich trotzdem erst einmal (wieder) einlassen wollen. Nach diesen 13 Songs mit Abstrichen gerne. AFI sind auf dem richtigen Weg zurück, da hätten sie sich noch nicht einmal verkneifen müssen ‚Burials‚ gleich vorsorglich ‚Resurrections‚ zu taufen.

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1 Trackback

  • AFI - AFI (The Blood Album) - HeavyPop.at - […] Goth-Stadion-Alternative Rock-Affinität das Auftreten  des Quartetts bestimmt. Nachdem das dunkle Burials es nach zwei schwächelnden Platten 2013 durchaus verstand…

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