Austere – Corrosion of Hearts
14 Jahre nach To Lay Like Old Ashes tun die wiedervereinigten Austere wenig, um sich aus der generischen Melange des Atmospheric Black Metal und DSBM herauszuschälen, fahren damit auf Corrosion of Hearts aber erstaunlich gut.
Dass das Comeback von Sorrow (Tim Yatras) und Desolate (Mitchel Keeping) in Gegenüberstellung mit der bisherigen Diskografie der beiden Australier eine ziemliche Enttäuschung darstellt, scheint ja gerade bei all jenen die Konsens-Meinung zu sein, die die bisherigen beiden Studio-Platten von Austere nahezu kultisch verehren.
Zumindest mit einem differenzierteren Zugang zum im Rückspiegel liegenden Output des Duos ist Corrosion of Hearts aber tatsächlich nicht nur für sich genommen ein kompetentes Zurschaustellen von Klasse geworden: in der Entscheidung, sich den direkten Vergleichen mit seinen Vorgängern durch einige evolutionäre stilistische Schritte zu entziehen, macht das Comeback nicht alles, aber versammelt viel richtig – und findet paradoxerweise gerade auch durch das Untertauchen im Meer der nordischen BM-Austauschbarkeit die Substanz für ein betörendes Genre-Werk.
Austere öffnen nach der langen Auszeit das Korsett der wärmenden Verzweiflung und lassen in jeder Hinsicht eine gewisse Form von Optimismus zu. Sei es in den variabler gewordenen Vocals, die vom greinenden Keifen bis zum schüchternen Klargesang ein volleres Spektrum abdecken, aber die verzweifelt harsche Psychose weitestgehend hinter sich gelassen haben, bis zum Klang der Instrumente, der die Gitarren runder gestaltet und dominant mixt, derweil die Drums und Synthies kompakt und dynamisch grundieren.
In gewisser Hinsicht sind Austere durch diese Maßnahme schlichtweg gefälliger geworden, auch was das formelhafter angelegte Songwritings angeht, das genau genommen keine herausfordernden Risiken, aber durchaus vorhersehbare Spannungsbögen bietet – aber auch reifer und abgeklärter.
Warum Corrosion of Hearts in dieser Verortung derart gut funktioniert, ist deswegen mit rein analytischem Blick schwer zu determinieren, hat aber im Umkehrschluss wohl mit der Tiefenwirkung der erzeugten Stimmung zu tun. Mit der Atmosphäre und Grandezza, in der man förmlich versinkend aufgeht. Oder noch simpler damit, dass Austere wenig anders machen als viele andere – dabei aber eben einfach stets das Quäntchen besser können, als das Gros der Konkurrenz.
Licht und Schatten gehen insofern in mehrerlei Hinsicht Hand in Hand. Sullen etabliert den exemplarischen Gang des hastigen Midtempos nach vorne, die Gitarrenspuren malen eine tragische Schönheit, die sich langsam verschiebende Melodik der grazilen Akkordfolgen hat eine epische Sehnsucht, und spätestens ab der Hälfte geben Austere dem Opener so grandios viel Raum, Zeit und das emotionale Spektrum, um eine ergebende Wirkung zu entfalten.
Derart stark bleibt Corrosion of Hearts in weiterer Folge nur bedingt, auch wenn das schön schimmernde A Ravenous Oblivion sich bis zu einem schrill fauchenden dämonischen Finale noch imposant steigert, aber schon eine gewisse Ambivalenz vorwegnimmt.
Nach einem aus dem Nichts kommenden, willkürlich wieder verschwindenden Klavier-Intro agiert das überdeutlich von Dunkelheit adaptierte, jedoch leidlich inspirierte The Poisoned Core etwa bald zu träge und ermüdend im Auf-und-Ab-Malen-nach-Zahlen – doch trumpft die Nummer nach und nach auf, wenn die heroischen Texturen mit einer majestätischen Gelassenheit greifen.
Pale (schon wieder eine plakativ dünne Piano-Krücke als klischeehafter Einstieg?) überzeugt dagegen danach sofort mit melancholisch verwehenden, traurig abgekämpften Klargesang – doch tritt der Closer nach 6 Minuten auf das Gaspedal, entfesselt das nicht wie angefacht einen erntefrischen Schub: die Spannweite der Intensität bleibt gefühlt immer gleich und sorgt deswegen auch für einen unterwältigenden Ausklang dieses sehr guten, aber eben nicht wie erhofft überragenden Drittwerks.
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