Danger Mouse & Black Thought – Cheat Codes

von am 25. August 2022 in Album

Danger Mouse & Black Thought – Cheat Codes

Hip Hop im High Score-Level, ganz ohne Cheat Codes: Rap-Instanz Black Thought lässt sich vom kongenialen Erfolgsgarant Danger Mouse, der hier gewissermaßen zu seinen Wurzeln zurückkehrt, ein zeitloses Album auf den Leib schneidern.

Was man so ja nicht notwendigerweise erwarten musste. Einerseits ist das Schaffen von Brian Burton immerhin ein polarisierender Hate-it-or-Love-it-Seiltanz, der zuletzt im zur Eindimensionalität neigenden Pop und Rock gezeigt hat, dass Danger Mouse’s Beiträge mindestens ebenso vielen betreuten Kollaborateuren nutzen, wie sie schaden können. Black Thought wiederum ist andererseits als Veteran der Szene seit mehr als drei Dekaden über alle Zweifel erhaben. Und trotzdem schaffte es Tarik Luqmaan Trotters Solodebüt Streams of Thought, Vol. 3: Cane & Able nach den beiden überragenden EP-Trabanten Streams of Thought, Vol. 1 und Streams of Thought, Vol. 2 auf eine irritierend egale Weise zu unterwältigen.

Cheat Codes ist in dieser Ausgangslage jedoch das Album geworden, dass so relaxt und unaufdringlich eine East Coast Conscious Boom Bap-Stafette an eleganten Hits und lockeren Ohrwürmer aus dem Handgelenk schüttelt und die besten Seiten seiner beiden Urheber auf ein Podest stellt: Black Thought rappt als Meister aller Klassen klug und effektiv und typisch, klingt frisch und hungrig, liefert geschmeidige Bars mit einem mühelosen Flow, dem man nach wie vor stundenlang an den Lippen hängen könnte.
Danger Mouse liefert dazu smooth und angenehm ins Ohr gehende Tracks, im 70s-Vintage-Flair knisternd und im besten Sinne unmodern verwaschen. Dabei hat er eine ideale Balance aus klassischen, relaxten Beats und melodischen Elementen gefunden, seine oft über die Stränge schlagen könnenden Sucht nach gefälliger Verdaulichkeit pendelt sich fein uanciert mit der Frequenz der souligen Samples und catchy Hooks aus, so dass Cheat Codes niemals blass, flach oder übersättigend agiert: Die Produktionen versuchen Black Thought und seinen mal gewohnt sozielkritischen, mal ungewohnt persönlichen Texten trotz aller Schmissigkeit niemals den Rang abzulaufen, und kommen (gerade über die kompakte Spielzeit von knackigen, ungehetzten 38 Minuten) doch stets auf den Punkt. Dass ausgerechnet der Schlußpunkt mit dem von einem Harlem Nights-Sample eingeleiteten, betörend versöhnlich von der sentimentalen Soul-Orgel grundierten Friedlichkeit Violas and Lupitas ein bisschen zu unspektakulär aufzeigend entlässt, schmälert den kurzweiligen Eindruck deswegen auch nicht.

In dieser wunderbar miteinander harmonierenden Chemie fügen sich auch zahlreiche Gäste nahtlos in das trendresistent aus der Zeitkapsel gefallene Schaulaufen ein, prägend individuelle Highlightmomente  in der variabel gehaltenen Homogenität wie aus einem Guß.
Sometimes schwelgt als melancholisches Intro um Gwen McCraes Love without Sex aus dem Jahr 1976, und der verspielt-griffige Titelsong-Bouncer erklärt den Albumtitel als Videospiel-Analogie, die zu hart ist, um ohne Cheats durchspielen zu können, destilliert dabei aber vor allem auch das herrliche Oldschool-Feeling der Platte. The Darkest Part klimpert groovend um den souligen Pop-Chorus der aus der Versenkung geholten Kid Sister und lässt später noch Raekwon auftrumpfen, bevor auch Because den Refrain von Dylan Cartlidgezum Scene-Stealer macht, derweil Joey Bada$$ und Russ den Spaghetti Western nach New York versetzen – zwischendrinnen No Gold Teeth, dessen schleppender Bass mit exemplarisch entspanntem Zug rumpelt.

Belize breitet sich bedächtig, fast ehrfürchtig mit Bläsern vor dem ewigen Supervillain MF DOOM aus, quasi als Sequel zu The Mouse and The Mask. Aquamarine schlängelt sich mit Michael sphärisch um die Ästhetik von Kiwanuka, deutet chorale und sinfonische Texturen im dezenten Hintergrund an, während die cinematographisch gehauchte Nummer dringlicher scheppernd, derweil Identical Deaths sich in die lauschige Lounge zurückzieht, Überblendungen von Lavalampen-Zeitlupenaufnahmen zeigt, und dann über weite Strecken in Trance nonchalant abdriftet, die Gedanken als Instrumental schweifen lässt: „I thought, „Why? How could this have ever been if I’m blessed?“/ Then I had a talk with God that was interview-esque/ He said, „‚Riq, as near as the west and far as the east/ There’s a warrant for your arrest by the karma police„.
Vom Niveau, das Close to Famous hat, können andere Platten nur träumen. Hier ist es „nur“ ein solider Standard, der wie auch das retroaffin-sinistre Griselda-Zusammentreffen mit Conway the Machine in Saltwater ein klein wenig im Schatten des vorangehenden Strangers steht, in dem sich Run the Jewels und A$AP Rocky vor abgedämpft flimmerndem Kurbeln die Klinke in die Hand geben – durchaus mit Symbolcharakter: Cheat Codes ist ein ausfallfreies Gipfeltreffen mit einer imposanten Gästeliste als zusätzlichen Katalysator, das einem an starken Genre-Platten nicht armen Jahrgang auch ohne ikonische Über-Tracks einem kleinen Triumphzug über den Erwartungen gleicht.

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