Daughn Gibson – Me Moan
‚All Hell‚ war im letzten Jahr nur die Aufwärmrunde für Daughn Gibson. Im zweiten Anlauf leuchtet der Ex-Trucker seine eigenwilligen, futuristischen Country-Songs weniger traurig und skizzenhaft, dafür aber umso heller, vielseitiger und auch deutlich poppiger aus.
Gibson klingt stimmlich weiterhin wie der Kautabak kauende Ziehsohn von John Maus und King Dude, der einen auf Elvis in der Geisterbahn macht. Das prägnante Organ des 32 jährigen fungiert also abermals als das essentielle Bindemittel, denn festnageln will sich der mit ‚All Hell‚ gleichermaßen Assoziationen zu Hank Williams und James Blake evozierende Gibson auch auf dem farbenfrohereren Sub Pop-Einstand ‚Me Moan‚ nicht. Dieses wirkt dabei nicht mehr so, als habe sich Gibson mit seinem Laptop sowie Gitarre und zahlreichen Samples und Loops in seiner Abstellkammer verschanzt, sondern ist eher ein frei zugänglicher Proberaum mit verdunkeltem Fenster und munterem Sessionpersonal – darunter Mitglieder von Baroness und Brokeback.
Mit ihrer Hilfe hat Gibson seine vielleicht sogar visionären Ambitionen von Flanellhemd und Steckdose konkretisiert, spielt in ‚The Right Signs‚ seinen mystischen, orientalischen Future-Country als natürlichste Sache der Welt und lässt sich für ‚Kissin On The Blacktop‚ gar zum schmissigen Badass-Partyblues hinreißen. Das melancholisch schlapfende ‚The Pisgee Nest‚ würde dagegen so ähnlich auch den Gorillaz in den Sinn kommen können, ‚You Don’t Fade‚ plätschert betörend ansehlich an Weltmusik-Ansätzen vorbei. Und immer wieder ist das diesmal schlicht und ergreifend wunderbar kauziger, zugänglicher Electropop am Lagerfeuer geworden: ‚Franco‚ lehnt sich in der sehnsüchtig gecroonten Melodie an Twin Peaks an und packt oben drauf noch nachdenkliche Prärie-Gitarren. Wenn man schon bei Lynch ist: ‚Phantom Rider‚ arbeitet mit zurückgelehnt pumpende Beats für den mit soundscapes unterkühlten Club – wollte der musizierende Regisseur zuletzt derart eventuell auf ‚The Big Dream‘ klingen?
Trotz aller Weitsicht in Richtung Electronica, R&B und Indie bleibt ‚Me Moan‚ im Herzen und Songwriting immer an unkonventionellen Country geschult. Das hetzende ‚The Sound Of Law‚ ist trotzdem nicht für die Veranda geeignet, sondern eher für verschwitzte Pits, so wie Gibson seinem Song hier Feuer untern Hintern macht und dem Fuß rockig am Gaspedal hält: das brennt vor Energie und hat Schwielen an den Händen – nicht vom Heuarbeiten sondern von dem manisch rasenden Schlagzeug. Durch ‚Mad Ocean‚ schlendert dann ein Hip-Hop-tauglicher Rhythmus mit gurgelnderm Bass, ein exaltiert gesampelter Dudelsack macht den signifikant marschierenden Leitwolf in Richtung Americana, während ‚Into the Sea‚ ein Baywatch-Piano und Trompete in den Raum schiebt und dabei trotzdem nicht verliert.
Auch wenn das alles die abgründige, intime und verletzliche Faszination des Majical Cloudz-ähnlichen ‚All Hell‘ gegen eine manchmal gar zu griffig verbundene Vielseitigkeit eingetauscht hat: derart kann man ein Genres von ihrem Altherren-Image entstauben. Und spätestens wenn Gibson im einnehmenden ‚All My Days Off‚ alleine zur wehmütigen Slidegitarre seine Leidenschaft in aller Zerbrechlichkeit ausbreitet, dann hat ‚Me Moan‚ den Kopf ohnedies nicht nur im Morgen und das betrübte Herz sowieso am rechten Fleck, sondern auch genug Tugenden aus der Vergangenheit in sich aufgesogen, um seine Vorzüge geradezu zeitlos anzubieten.
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