James Blake – Playing Robots Into Heaven
James Blake macht den Spagat zwischen dem Rückblick zu seinen Dubstep-Wurzeln auf der einen, und der konsequenten Fortsetzung der seit Assume Form eingeschlagenen Öffnung in den zugänglichen Pop und trendigen Hip Hop auf der anderen Seite. Und dann erschließt Playing Robots Into Heaven doch vor allem auch neue Horizonte.
„Wherever I go / I’m only as good as my mind / Which is only good if you’re mine.“ singt Blake und hebt damit noch einmal die romantische Freude darüber auf ein Podest, seinem voller Liebe pulsierenden Herzen gefolgt und mit Jameela Jamil (die nebenbei gesagt auch als Co-Produzentin der besten, ruhigsten Songs der Platte gelistet ist) in das sonnige Kalifornien umgezogen zu sein. Playing Robots Into Heaven setzt damit zumindest eingangs ganz grundlegend den Weg von Assume Form (2019) und Friends That Break Your Heart (2021) fort, nein bündelt und spitzt diese diese Entwicklung gar zu.
Indem die Glücksgefühle und Lebensfreude, die Blake sich in den vergangenen Jahren erarbeitet hat, nun über eine primäre Körperlichkeit im Tanz artikuliert werden, die Vocals in einer IDM-Bewegung als nebensächliches Stilmittel zum Zweck transzendieren: Asking to Break pflegt im Minimalismus einen sanft fließenden Beat, die zart gepitchte Stimme legt sich melancholisch darüber; Loading schiebt mit Samthandschuhen den pumpenden Club an und Tell Me schraubt sich an Sandstorm vorbei auf den Dancefloor, ein paar diffuse Klavier-Schlaflied-Delirien tauchen als Kontraste in Zeitlupe auf, und Fall Back wummernd klackernd, wo sich bewegende Hüften eine universelle Sprache sind.
Blake agiert hier primär als Produzent Klangbastler. Doch während man noch damit rechnet, dass er auf diesem Fundament nun in weiterer Folge seinen Promi-Rollodex auspackt und Playing Robots Into Heaven zur Spielwiese für seine US-Superstar-Kumpels macht, dreht der Brite sein sechstes Studioalbum plötzlich ohne wirklichen Bruch auf links und arbeitet plötzlich elektronischer, abstrakter und experimenteller, als zu sonst einer Phase seit seinem selbstbetitelten Debüt 2011.
Das soulig um Pastor T. L. Barrett gesampelte He’s Been Wonderful beginnt die Direktheit der Platte in einem subkutan vibrierendem Gefrickel aus Rhythmen aufzulösen, die Mindfuck-Single Big Hammer klingt noch weiter draußen wie der Trap-Trance-Remix entrückter The Ragga Twins-Reggae-Vibes als zappelnder Noir-Futurismus und lässt Playing Robots Into Heaven endgültig auszufransen.
I Want You to Know ist dagegen eine Erinnerung an einen Oldschool Blake im Burial-Modus, der exakt dort mit dem gepitchten Wahn flirtet, wo der vor zehn Jahren in die Zukunft blickende Visionär nunmehr den in die Arme nehmenden Nostalgiker gibt, und Night Sky eine mikroskopisch ziselierte Bastelei, die genügend gefühlvollen Wohlklang praktiziert, um nicht in den verkopften Clusterfuck der Emotionslosigkeit abzudriften – dafür aber in einen Ambient-Nebel. Dort meditiert der wabbernde Klangkosmos Fire the Editor als bezaubernde Intimität, die kontemplativen Melodien dringen ans Herz, derweil If You Can Hear Me die ergreifende Klavier-Ballade als Tribut an den eigenen Vater skizziert, und das Titelstück als reduziertes Loop besänftigender Avantgarde schmeichelt.
Am Ende steht trotz einer gewissen Heterogenität ein relativ homogenes, schlüssiges Gesamtwerk, das vielleicht weniger unmittelbar berührende, aufwühlende oder ergreifende Szenen (oder eher: runde Songs als solche) bietet, als Blake sie sonst auf beinahe jedem seiner Alben kreiert hat, dafür aber einen Paradigmenwechsel assimiliert, der verspricht, den Output des 35 jährigen auf konstantem Niveau spannend zu halten – und die Dinge (gerade für den Musiker selbst) auch aufregender zu machen, als sie zuletzt genau genommen womöglich waren.
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