Joyce Manor – Million Dollars to Kill Me
Joyce Manor führen ihre Entwicklung in poppigere Mainstreamgefilde zwar unbeirrt fort, könnten mit Million Dollars to Kill Me trotzdem wieder einige Fans zurückgewinnen, denen Cody vor zwei Jahren bereits zu gesetzt und handzahm war. Insofern gilt: Think I’m Still in Love With You – aber mittlerweile eben mit kleinen Einschränkungen.
„It wasn’t like the album that changed shit for us for good or bad“ fasst Barry Johnson die vermeintliche (Nicht-)Entwicklung zusammen, die rund um das vorangegangene vierte Studioalbum der Band aus Torrance 2016 einsetzte. „It wasn’t career destroying or career making. It was just carer continuing.“ Auch wenn sich Joyce Manor mittlerweile keine Gelegenheitsjobs mehr zwischen zwei Platten suchen müssen, macht Million Dollars to Kill Me – übrigens eine Referenz an die Geständnisse des Travis Barker – insofern folgerichtig schlichtweg 23 extrem kurzweilige Minuten weiter.
Dass man sich dabei aus der Obhut von Rob Schnapf nun in die Produzentenhände von Kurt Ballou begeben hat, erweist sich jedoch als kluger Schachzug. Obwohl auch den zehn neuen Songs die Energie früher Tage fehlt und Joyce Manor sich in ihren schwächeren Phasen auf Million Dollars to Kill Me zu weit in eine beliebig-generisch nebenbei eingängige Gefälligkeit verlieren, die mit einer nonchalanten Austauschbarkeit durchrauschen und doch nur an der eigenen Qualitätslatte scheitern, zünden die stärkeren Momente ihres patentiert poppunkigen Emocore/Indierock/Powerpop-Amalgams diesmal wieder etwas zügiger und gewichtiger, als noch auf dem schaumgebremsten Cody.
Das zahn- und kraftlose Fighting Kangaroo ist irgendwann schlau genug für sonnige Weezer/Beach Boys-Harmonien und das charmante Silly Games ist eine gelungene Lo Fi-Skizze von allem, was sich seine Fans wohl von Rivers Cuomo als Pflichtprogramm erwarten, während das getragen twistende Think I’m Still in Love with You mit den griffigen Collegerock-Hooks und netten Melodien an die Angel kriegt. Das rasante Friends We Met Online lässt dazwischen sogar tatsächlich den Drive und bittersüßen Enthusiasmus aufkommen, mit denen die Band einst Herzen im Sturm erobern konnte. Im gemütlich plätschernden Indiepop von Wildflowers oder dem zurückgenommenen Big Lie mit einer melancholischen Leidenschaft und einer tollen Gitarrenlinie führen die Kalifornier dagegen vor, wie die Evolution von Joyce Manor zu einer reiferen, weniger überschwänglichen Version ihrer selbst ohne Langeweile schlüssig aufgehen kann.
Nicht immer gelingt dies allerdings. Up the Punx hat beispielsweise zwar eine okaye Idee als Refrain, drumherum aber nur lauwarm aufgekochte Baukastenmotive. Und der catchy Titelsong geht so schnell ins Ohr, wie er sich wieder aus den Gehörgängen verflüchtigt.
Ein zu strenges Festhalten an alten Stärken krankt mittlerweile an den zu drögen aktuellen Gegebenheiten. Man vermisst weiterhin flächendeckend die Naivität, das aufregende kickende Momentum, das Abenteuer. Deswegen sind es diesmal vor allem jene Szenen, in denen sich Joyce Manor aus ihrer angestammten Signature Sound-Komfortzone entfernen – und damit Puristen wohl am deutlichsten vor den Kopf stoßen- , die auf Million Dollars to Kill Me hervorstechen und nachhaltige Substanz andeuten.
Die ruhige Akustikballade I’m Not the One geht in ihrer liebenswürdig tröstenden Simplizität reduziert unter die Haut und Gone Tomorrow könnte in seiner shoegazenden Schönheit gar für Feuerzeugmomente in kleinen Hallen sorgen – wobei sich Joyce Manor hier mit ihrer unbedingten Kompaktheit selbst im Weg stehen und die Nummer nicht zur verdienten Größe aufblasen – die 3 Minutenmarke müsste nach all den veränderungen der vergangenen Jahre ja längst nicht mehr derart dogmatisch zum Feindbild gehören. Vielleicht wäre es also an der Zeit für einen mutigeren Schritt zur Zäsur und einem weniger verwaschenden Bruch mit der Vergangenheit, um die Dinge nicht derart vorhersehbar zwischen den Absichten dümpellnd aufzuwärmen.
Strick lässt sich daraus dennoch keiner drehen. Letztendlich füllt Million Dollars to Kill Me den Zähler der regulären Studioalben dennoch absolut solide auf eine gesamte Summe von rund 98 Minuten. Und dass die besten davon sich eben mittlerweile merklich zu Beginn ihrer Karriere angesammelt haben, ist eine Geschichte, die man der weiterhin sympathisch unkompliziert zu Werke gehenden Band in ihrer kumpelhaften Verbundenheit weiterhin keineswegs schwerwiegend übel nehmen kann.
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