King Woman – Created in the Image of Suffering
Knappe drei Jahre nach der EP-Debüt und einer Feinjustierung im Klangbild später legen King Woman um Frontfrau und Bandkopf Kristina Esfandiari endlich ihr Debütalbum vor. Gutes Timing, nachdem unlängst Eight Bells, Worm Ouroboros oder SubRosa mit ihren jüngsten Alben bereits für eine kleine Renaissance des weiblich geprägten Dooms sorgten.
Created in the Image of Suffering weiß die Gunst der Stunde zu nutzen, ist aber mehr noch der (vorläufige) Abschluss eines Evolutionsprozesses. Bereits 2009 gründete Esfandiari King Woman als Ventil, um mit inneren Dämonen zu ringen und seelische Narben zu verarbeiten, doch über die EP Doubt wuchs das ursprüngliche Soloprojekt entlang alter Freundschaften zur vollwertigen Band. Eine erste Momentaufnahme voller verzweifelter Schwere und flehender Melancholie, die als sich schleppende Übersetzung von Esfandiari’s Ex-Band Whirr eine noch recht verwaschene Projektionsfläche für die religionskritischen und (vor allem nach dem hohe Wellen schlagenden, abgebrochenen Engagement im Vorprogramm für Pentagram) feministischen Absichten („I want to do something different for women. I want it to be like church for them„) von King Woman bot.
Den Modus Operandi der EP haben sich King Woman für Created in the Image of Suffering nun in vielerlei Hinsicht hinter sich gelassen, wie vielleicht bereits der Werdegang von Miserable vorankündigte. Die deutlichen Shoegaze-Verwurzelungen von Doubt, auch die Zuneigung für Mazzy Star und True Widow, wurden von massiven Doom-Tendenzen und atmosphärischen Post Metal-Manierismen geschluckt. Heavy kriechende Riffs und monströs walzende Rhythmen füllen nun endgültig das Klangbild auf, das sich weiterhin in aller Deutlichkeit um die Stimme von Esfandiari windet, schmiegt und aufstampft.
Übrigens wohl der ultimative Knackpunkt und Zankapfel der Platte. Auch der düster glühende Gesang von Esfandiari hat sich seit Doubt gewandelt: Die einst leidenden Suche nach Schönheit scheint über weite Strecken einer betäubten Reserviertheit gewichen zu sein. Wo der nunmehr ein wenig gallig-gepresste, effekt-gedrückte Gesang mit hypnotischer Wirkung in ihren Bann zieht, quasi eine ätherische Symbiose von Windhand’schen Gefilden zu den entrückten Esoterik/Gothik-Klangwelten von Chelsea Wolfe oder Marissa Nadler knüpft, kann die Stimme der 29 Jährigen trotz ihrer Präsenz gerade im Kontrast zu den Eruptionen der Instrumente seltsam flüchtig und bemüht elegisch, fast schon lethargisch, erscheinen.
Zwar prägt Esfandiari die meditative Atmosphäre und ätherische Handschrift ihrer Band damit unmittelbar, erzeugt unmittelbar einen faszinierenden Sog in die Dunkelheit, doch gerade auf Sicht verfällt sie in einen enervierend monotonen Singsang, der in seiner gepeinigten Andächtigkeit nur wenig Möglichkeiten für dynamische Variationen lässt. Gerade aber wenn Esfandiari wie etwa im psychedelisch kreisenden Jesu-Beschwörung Deny für Sekundenbruchteile keifend aus den genormten Mustern ausbricht oder für das bedrohlich funkelnde, verletzlich anschwellende Manna einen unkaschierteren Zugang zu ihren Gefühlen bietet (auch: näher bei Doubt singt), funktioniert das eklektische Gebräu von King Woman mitunter am besten, weil es den kakophonischen Charakter von Created in the Image of Suffering am direktesten freilegt.
So sehr Created in the Image of Suffering insofern immer noch bis zu einem gewissen Grad mit der Performance der charismatischen Frontfrau steht und fällt, ist das Debütalbum dennoch ein generell markanter Schritt nach vorne für die (restliche, sich vom Eindruck der Erfüllungsgehilfen freispielenden) Band geworden: Soundtechnisch durch die vielschichtig texturierte Inszenierung von Jack Shirley, doch sind King Woman vor allem als Songwriter und Einheit merklich gewachsen. Colin Gallagher (Gitarre), Joey Raygoza (Drums) und Peter Arensdorf (Bass) arbeiten synergetisch, subtil und zweckdienlich, drängen sich mit ihrem eklektischen Sound nicht in den Vordergrund, sondern liefern Esfandiari stets die nötigen Szenen, um sich ohne Ermüdungserscheinungen in den rauschhaft ineinander überfließenden Kompositionen bewegen zu können. Created in the Image of Suffering hat in den richtigen Momenten die Luft um zu atmen, dann wieder den Druck um knackige Akzente setzen zu müssen und lebt stets in einer ausgewogenen Balance.
Utopia legt sich etwa so derart wuchtig malmend in sein generisches Monster-Riff, dass King Woman ohne Anlaufprobleme in ihre Welt ziehen, das wohl zu abrupt beendete Shame besticht durch seine Spannweite aus unverrückbar bratender Drone-Gitarre und der gespenstischen Gesangsmelodie. Das wunderbar durch die Trauer treibende, immer mehr an Fahrt aufnehmende Worn gerät überragend, auch Hem verdichtet sich so beeindruckend, wie es die seeligen Kylesa selbst zuletzt nicht mehr zustande brachten.
Und dennoch steht alles im Schatten von Hierophant, das wie ein sakraler Monolith in der Mitte von Created in the Image of Suffering thront – allen Raum, alle Grandezza dieser Welt zu haben scheint, mit beinahe Isis-würdiger Anmut: „If you’re a sacred script, I am the hierophant/ If you’re a holy church, I wanna worship„. Am Ende ist es eben mehr als Summe der einzelnen Teile, die die fesselnde Gravitation dieses beachtlichen, vielversprechenden Debütalbums ausmacht.
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