Korn – Requiem

von am 8. Februar 2022 in Album

Korn – Requiem

Zwischen altbekanntem Baukasten, wiedergewonnener Souveränität und erfrischend knackig-poppiger Barrierefreiheit: Korn nehmen mit Requiem, der noch destillierteren Fortsetzung von The Nothing, wohl Ihr überzeugendstes Album seit Untouchables auf.

Insofern seien gleich eingangs die gravierendsten Punkte abgehandelt, die Requiem trotzdem zu keinem rundum gelungenen Werk machen. Die Texte von Jonathan Davis stammen zum Einen mal wieder aus dem immer selben Formelheft der tausendmal in verschiedenen Variationen gehörten Klischee-Schlagwörter, was dem Album inhaltlich schon einen ermüdenden (mitunter auch selbstkarikierenden) Beigeschmack verleiht.
Und zum Anderen ist da der Fakt, dass die seit spätestens The Serenity of Suffering immer poppiger gewordenen (und im Kontext auch wieder latent cheesy agierenden) Refrains (die man sich zumindest deswegen leisten kann, weil Davis stimmlich mit dem Alter besser wird) wieder zu oft repetiert werden (und selbst einem doomig als Hassbatzen schielendes Schwergewicht wie Hopeless And Beaten im Zweifelsfall eine Massenverdaulichkeit einimpfen). Das gibt dem immer einfach strukturierten Requiem eine Gefälligkeit mit auf den Weg, der Ecken und Kanten zugunsten einer trivialeren Bubblegum-Breitenwirksamkeit opfert.

Dennoch verhindern diese Schönheitsfehler nicht, dass Requiem noch effektiver auf den Punkt findet, als sein variabler aufgestellter und auch ein paar unkonventionellere Ideen eingeflochten habender, schon erstaunlich solide abliefernder Vorgänger.
Es tut der Band zudem gut, auf den trendaffinen Zug aufzuspringen, Alben auch mal wieder knapp und kompakt zu halten – mit gerade einmal neun Songs in knapp 33 Minuten ist Requiem ohne Ausfall (selbst der okaye Bonustrack I Can’t Feel hätte seine Existenzberechtigung!) schließlich knackig und kurzweilig geraten, strotz vor Hooks und Ohrwürmern, hat einen ebenso hohen Vertrautheitsgrad wie Unterhaltungswert – und übersättigt aufgrund seiner schlanken Linie trotz der eingangs erwähnten Galligkeits-Faktoren keineswegs.
Gerade ein relativer Standard wie das nichts falsch machende My Confession dient diesbezüglich als Indikator dafür, dass selbst die Routinearbeiten von Korn sich mittlerweile eben wieder auf einem deutlich höheren Level abspielen, als noch vor rund einem Jahrzehnt.

Insofern ist zwar alles wie immer bei der Gruppe aus Bakersfield – nur mit einem schärferen Visier und dem Fokus auf guten Songs.
Forgotten schattiert seine typischen Riffs und Melodien mit ungewöhnlich versöhnlichen Background-Harmonien von Davis und einem catchy Chorus, den Let the Dark Do the Rest sogar noch müheloser Richtung Hit überholt, ohne sich vollends dem Formatradio anzubiedern, bevor Start the Healing den eröffnenden Reigen aus superpotenten Singles auf ein hymnisch bellendes Podest hebt – und so spätestens im schmissig bouncenden Penance To Sorrow seine Fortsetzung findet.
Keinen Platz auf einer etwaigen zweiten Best of-Compilation wird Lost In The Grandeur für sich reklamieren können, das sich rhythmisch weniger direkt und im mit Orgy/ Videodrone-esken Texturen ausgeschmückten Refrain zu behäbig schunkelnd gibt. Die funkelnd einkehrende Dunkelheit von Disconnect strebt hingegen erfolgreich nach einer feierlichen Alternative Rock-Breitseite. Über allem steht jedoch der Schlusspunkt Worst Is On Its Way, in dem Davis mit massivem Gibberish-Scat kurzerhand den Bogen zu Twist und Freak on a Leash spannt, und damit die Achse aus Nostalgie, konstantem Qualitätsanstieg, Comeback und Frischzellenkur betont effektiv revitalisiert: Mehr Spaß gemacht haben Korn schon verdammt lange nicht mehr!

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