Remember Sports – Like a Stone

von am 18. Mai 2021 in Album

Remember Sports – Like a Stone

Remember Sports tollen ambitionierter und mit mehr Mannschaftgeist denn je über ihren Spielplatz aus nonchalanten Indie Rock-, flockigen Punk-, kumpellhaften Midwestern Emo- und griffigen Powerpop-Versatzstücken: Ja, Like a Stone korrigiert den ernüchternden Eindruck, den Slow Buzz vor drei Jahren hinterließ.

Gut, die Platte hatte nach dem Namens-Rebranding von Sports weg neben Umzug sowie personellen Besetzungswechsel ohnedies einen schweren Stand und war eigentlich ja auch alleine insofern schon ein Gewinn, weil es dann eben doch nicht der Schwanengesang des Quartetts war. Wie ein tatsächlicher Neustart fühlt sich nun aber erst Like a Stone an. So sehr übrigens, dass sich die Platte auf kein klares Ziel festsetzen will (und es insofern auch symptomatische Schnapsideen wie die den entwaffnend-bittersüßen 39-Sekunden-Twang des niedlich-packenden, demonstrativ deplatzierten Coffee Machine gibt), stattdessen eher wie ein sprunghaftes Sammelsurium unterschiedlicher Möglichkeiten anmutet, das in Summe immer noch wie eine aus der Zeitkapsel gefallene Wundertüte aus jener Phase der 00er Jahre klingt, als Tegan & Sara, Hop Along, Be Your Own Pet oder die Thermals der heißeste Scheiß waren – stets zusammengehalten von der immer ein bisschen frech, rauchig und rotzig klingenden Stimme von Carmen Perry.

Warum also fühlt sich Like a Stone wie ein neues Kapitel an? Vor allem, weil die Platte die Dynamik und die Grundausrichtung nicht nur immer wieder wieder nachjustiert, sondern stilistisch auch aus der angestammten Komfortzone tritt. Easy neigt etwa zu einer überfallsartig gackernden Dringlichkeit und wagt zur Mitte hin doch den feinen Twist, der sich zum leidenschaftlich schwelgenden Finale ausbreitet. Ruhig und melancholisch  schwoft das bezaubernde Materialistic mit geschlossenen Augen durch seine Atmosphäre, schwebt als Herzstück in all seiner Schönheit in den Himmel. Grandios!
Clock zeigt schlurfende The Cure-Tendenzen, doch erst das überragende Finale hebt das vierte Studioalbum auf den nächsten Level: Bevor Odds Are den Understatement-Spagat zwischen Country und Pop, zwischen Pinegrove und Beach Bunny zelebriert, beginnt Out Loud als sympathischer Bedroom Pop, unaufdringlich und zurückhaltend, einfach charmant, wächst so geduldig aber immer weiter, zum kleinen Epos. Ein bisschen so, als hätten bodenständige Chvrches die Synthies gegen die Gitarren früher Modest Mouse getauscht, um eine möglichst behutsame Einkehr zu kreieren.

Diese ruhigeren, melodischeren Momente sind dann die neue Stärke von Remember Sports, ja, sogar die klaren Highlights der Platte, während versierte College-Standards wie Pinky Ring, der Titelsong oder das einfach nur unkompliziert aufs cachy-zwingende Gaspedal steigende Falling Awake wie alle flotteren Nummern des Albums auch stets ein bisschen zu egal und austauschbar zum Ohrwurm stürmend bleiben. Als ließen sich Perry, Gitarrist Jack Washburn, Bassistin Catherine Dwyer und Schlagzeuger Connor Perry zu leicht von der Aufbruchstimmung ablenken und begnügten sich über weite Strecken „nur“ mit altbewärten Vorzügen.
Was schon klar geht, weil Remember Sports das Geschehen dann durchaus erfolgreich mit kecken Ideen würzen – das Material ist sowieso eingängig und schmissig, aber nie zu gefällig, da stets ein bisschen kratzbürstig quietschend und kompakt rumpelnd – sowie einem neuen Wir-Gefühl: Mehr nach einer gleichberechtigten Band-Platte als Like a Stone klang noch keine Veröffentlichungen der mittlerweile in Philadelphia beheimateten Gruppe: Instrumente wechseln so beispielsweise kurzerhand das zuständige Personal, ungezwungen neben der Spur liegende Solo-Ausbrüche blitzen auf und phasenweise darf jeder mal hinter Perry ans Mikro darf. Die Nostalgie von Sentimentality bearbeitet die Schnittstelle von Courtney Barnett und den Smiths, dreht kurz vor der Beiläufigkeit auch noch den bratzenden Verstärker auf; Eggs pflegt seine Gitarre herrlich diffus und gönnt sich einen Banjo-Abgang, und Flossie Dickie konterkariert seine überdreht-hibbelige Postpunk-Spielweise mit einem nonchalant nebensächlich-müden Gesang. Alles verdammt kurzweilig und unterhaltsam – aber dass man nun neue Maßstäbe für diese Vier ansetzen muß, scheint offensichtlich.

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